Das Finale im Eurovision Song Contest steht bevor, spüren Sie schon die Spannung?
Noch nicht. Ich werde meistens erst kurz davor so richtig aufgeregt. Wenn es noch ein paar Tage hin ist, merk ich noch nichts von Aufregung.
Haben Sie sich denn schon ein wenig mit der Grand-Prix-Geschichte befasst und geschaut, wie die deutschen Teilnehmer in den letzten Jahren abgeschnitten haben?
Das weiß ich ja schon. Ich weiß von den Erfolgen, aber auch von den Debakeln (lacht).
Spüren Sie die Verantwortung, ein ganzes Land zu vertreten?
Na klar. Das ist ja nun mal so. Aber auf der anderen Seite ist das ja keine Bundestagswahl, wo wirklich das ganze Land dahintersteht. Es ist ein relativ kleiner Kreis gewesen, der mich ausgewählt hat. Aber im Nachhinein hält sich keiner mit Meinungen über den deutschen Kandidaten zurück.
Stimmt. Da gibt es zum Beispiel diesen britischen Schriftsteller, Tim Moore, der sagt über Sie: "Ein Kandidat für ein Null-Punkte-Debakel". Verunsichert Sie so etwas?
Ich hab den Namen ehrlich gesagt noch nie gehört. Ich weiß gar nicht, wer das ist.
Tim Moore hat ein Buch über die Teilnehmer geschrieben, die in der Geschichte des Grand Prix null Punkte erhalten haben.
So eine präzise Voraussage ist völliger Quatsch. Einen letzten Platz kann man genauso wenig voraussagen wie einen Sieg. Ich halte das für totalen Unfug. Aber aufgrund der extremen Aussage wird das jetzt natürlich überall aufgegriffen.
Aber die Frage ist ja schon berechtigt: Ist Europa reif für deutschsprachigen Swing?
Das wird sich rausstellen. Ich werde - das ist jetzt schon klar - etwas mischen: Die Strophen und den ersten Refrain werde ich auf Deutsch singen und den letzten Refrain auf Englisch.
Sie starten im Finale auf Platz 16. Der NDR durfte sich diesen Startplatz aussuchen.
Ich hätte das auch so gemacht. Der 16. Platz ist ja die goldene Mitte bei 24 Teilnehmern: das letzte Ende vom zweiten Drittel. In Musikstücken und Theaterstücken soll genau da der Höhepunkt sein. Da sind die Leute am aufmerksamsten. Es gibt sehr viele Komponisten, die sich danach richten.
Die meisten Beobachter hatten fest damit gerechnet, dass Monrose den Vorentscheid gewinnen - einfach weil sie über eine so große Anhängerschaft verfügen. Doch in Ihren Interviews waren Sie im Vorfeld immer siegesgewiss. Woher kam diese Zuversicht?
Ich bin nie davon ausgegangen, dass ich hundertprozentig gewinne. Aber ich dachte, dass es eine knappe Entscheidung wird. Es gab ein paar Faktoren, die für mich sprachen. Ich war ja den ganzen Januar und Februar noch auf Tour und habe mein Publikum entsprechend mobilisiert. Um Monrose war kurz nach ihrem Sieg bei "Popstars" letztes Jahr im November ein unfassbarer Hype entstanden - der aber zum Zeitpunkt des Vorentscheids schon langsam wieder abgeflaut war.
Ein Garant für den Sieg war sicher auch der Erfolg Ihres letzten Albums. Darauf haben Sie etwas ganz Neues gemacht, nämlich Swing in deutscher Sprache. Die Songs stammen aus der Feder von Frank Ramond und Matthias Haß. Wie viel Roger Cicero steckt in den Texten?
Ich kann natürlich nicht irgendetwas singen, mit dem ich mich überhaupt nicht identifiziere. Insofern steckt in jedem Text auch was von mir, in unterschiedlichen Intensitäten. Aber wir haben ja nicht den Anspruch, Tagebücher zu vertonen, sondern zu unterhalten. Und das sind sehr lustige Texte mit einem großen Augenzwinkern.
Wie gehen Sie damit um, dass in den Medien soviel über Sie geschrieben wird? Blenden Sie das aus - oder wollen Sie alles wissen, was über Sie in den Zeitungen steht?
Ich kriege immer mal mit größeren Abständen Pressespiegel. Die lese ich nicht, weil mir das zu lange dauert. Ich kuck ab und zu so mal im Internet, das ist eher mein Medium.
Sie blättern die Zeitungen nicht nach Ihrem Namen durch?
Das mache ich gar nicht. Aber ab und zu lese ich mal Sachen, die mich sehr stören. Manches ist schon sehr böswillig geschrieben. Und mit solchen Sachen muss man lernen umzugehen. Das kannte ich bisher nicht. Ich musste mich an den Zustand gewöhnen, nicht antworten zu können.
Ihr Vater wollte ursprünglich, dass Sie etwas Anständiges lernen und Anwalt werden. Gleichzeitig hat er aber immer Ihre musikalische Karriere unterstützt.
Ja, als ich mich entschlossen habe, Musiker zu werden und zu studieren, hat er mich unterstützt. Davor hat er immer schon doch versucht, mir das auszureden.
Warum wäre aus Roger Cicero kein guter Jurist geworden?
(lacht). Ich glaube, ich bin zu ehrlich.
Sie haben über Ihren Vater, den Jazzpianist Eugen Cicero, viele Kontakte gehabt. Trotzdem haben Sie sich aber bei Ihrer musikalischen Karriere wirklich so von unten hochgespielt. Warum haben Sie nicht den einfacheren Weg gewählt und haben einfach ein paar Nummern angerufen, die Ihnen gleich einen Plattenvertrag hätten geben können?
Es war nicht so, dass mir das überhaupt nicht in den Sinn gekommen ist, aber ich habe mich mit solchen Kontakten immer sehr blöd angestellt. Deswegen war es für mich sehr wichtig, mich als Künstler erst mal irgendwo zu finden. Ich konnte nur durch ganz viel Spielen herausfinden, was mir wichtig ist.
Ihre Kunst ist zunächst einmal das Resultat von harter Arbeit.
Auf jeden Fall. Bei den Konzerten sind die Leute extrem begeistert, dass da echte Musiker stehen und die spielen. Man hört ein Instrument und sieht gleichzeitig einen Musiker, der es bedient. Es ist wirklich sehr ehrlich und unmittelbar, was da passiert.
Ihr Großvater väterlicherseits war rumänisch-orthodoxer Priester. Ist davon irgendwas an Religiosität in Ihrem Leben hängen geblieben?
Ich bin kein sehr religiöser Mensch. Es gibt immer irgendeinen Punkt in Religionen, wo es auf mich befremdlich wirkt. Aber ich würde mich für einen spirituellen Menschen halten.
In Ihrem Leben haben Sie durchaus eine spirituell-asketische Seite. Sie rauchen seit einigen Jahren nicht mehr, treiben regelmäßig Yoga, essen kein rotes Fleisch. Sie wohnen immer noch in einer 50-Quadratmeter-Wohnung.
Das stimmt. Aber inwieweit das jetzt auf meinen Großvater zurückzuführen ist, das weiß ich nicht.
Es scheint Ihnen jedenfalls nicht sonderlich wichtig, Ihren Erfolg sofort in Statussymbole umzuwandeln.
Ich kaufe mir schon auch mal schöne Sachen, so ist es nicht, aber es ist nicht meine oberste Priorität. Mein Seelenfrieden hängt davon nicht ab. Ich weiß, dass ich ihn mir damit auch nicht kaufen kann.
Wie Udo Lindenberg sieht man Sie eigentlich nie ohne Hut. Hat das bei Ihnen gleiche Gründe wie bei Lindenberg?
Ich weiß ja nicht, wie es bei Udo Lindenberg unter dem Hut aussieht, ich weiß nur wie es bei mir unter dem Hut aussieht und ich glaube, es ist nicht ganz so wie bei Udo. Es ist mittlerweile zu meinem Markenzeichen geworden. Das Angenehme ist: Wenn ich ohne Hut unterwegs bin, werde ich weniger erkannt. Das ist ganz herrlich.