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"The Voice of Germany" So wenig Musik steckt in der Gesangsshow

Sie werden im Finale auch singen, aber gewiss nicht zu viel: Nick Howard, Michael Lane, James Borges und Isabell Schmidt (v.l.)
Sie werden im Finale auch singen, aber gewiss nicht zu viel: Nick Howard, Michael Lane, James Borges und Isabell Schmidt (v.l.)
© SAT.1/ProSieben/Bernd Jaworek
"The Voice of Germany" ist die derzeit erfolgreichste Castingshow: Die Quoten sind gut, die Kritiker voll des Lobes. Erstaunlich, denn um Musik geht es nur am Rande, wohl auch heute Abend beim Finale.

Let's get ready to rock", brüllt Moderator Thore Schölermann zu Beginn der Halbfinal-Sendung ins Mikro. Schließlich handelt es sich hier um eine Gesangs-Castingshow, und da geht es vor allem um Musik. Oder nicht? Untersucht man eine Folge von "The Voice of Germany" im Detail, kommt man zu einem ganz anderen Ergebnis, das überraschen mag: Musikeinlagen kommen in den 180 Minuten dieser Sendung nur in homöopathischen Dosen vor.

Eine detaillierte Analyse der Halbfinal-Show legt den geringen Stellenwert offen, den Gesang in diesem Castingkonzept hat. Dass ein großer Teil der drei Stunden, die die Show dauert, für Werbeblöcke draufgeht, ist dabei noch am wenigsten verwunderlich, schließlich hängen die Ausrichter Sat.1 und ProSieben als Privatsender nicht an den üppigen Gebührentöpfen, aus denen sich die öffentlich-rechtlichen Sender bedienen können. Mit insgesamt 51 Minuten Werbezeit wird die Geduld der Zuschauer zwar schon arg strapaziert - aber geschenkt. Viel erstaunlicher ist, dass die Nachwuchskünstler lediglich 28 Minuten und 32 Sekunden singen - alle acht zusammengerechnet. Nur wenn man den Auftritt von Xavas, dem gemeinsamen Projekt von Juror Xavier Naidoo und dem Rapper Kool Savas, hinzurechnet, kommt man auf mehr als eine halbe Stunde Gesangszeit.

Kein Stück länger als drei Minuten

Zu sagen, Musik sei hier störendes Beiwerk, ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Aber das Konzept der Sendung sieht klar vor, dass die Songs in engen Grenzen gehalten werden: Kein Stück dauert hier - mit Ausnahme des Gastbeitrags der "richtigen" Künstler Xavas - länger als drei Minuten. Die meisten bringen es nicht einmal auf zweieinhalb Minuten. Ganz nach dem Motto: Bloß nicht den Zuschauer mit zu vielen Tönen langweilen. Während Werbeblöcke von zehn Minuten zumutbar sind, scheint die Toleranzschwelle bei Musik deutlich niedriger zu liegen.

Der Löwenanteil des Formats geht für Einspielfilme, Bewertungen der Jury und die Ankündigung der Telefonvotings drauf. Vor allem dem Palaver und den Sticheleien der Juroren wird viel Raum gegeben. Denn auch wenn es Vordergründig darum geht, eine neue Stimme zu entdecken, wird schnell klar: Es handelt sich hier um keine Konzertshow, sondern um abwechslungsreiche, gepflegte Fernsehunterhaltung.

Damit ähnelt das Konzept eher "Wetten, dass ..?" als beispielsweise "Unser Star für Oslo", der Castingshow von Stefan Raab. Denn während bei Raab wirklich die Musik im Zentrum stand, ist auch "Wetten, dass ..?" eine bunt gemische Show, in der Musik immer wieder eingestreut wird, mehr als 28 Minuten sind auch hier selten. Im Zentrum stehen die (mehr oder weniger) launigen Gespräche mit den auf dem Sofa sitzenden Promis. Einziger Unterschied: Bei "The Voice" sitzen die Promis auf Stühlen.

Begabte Amateure

Und noch eine Parallele haben die beiden Sendungen: Hier wie dort geht es immer auch darum, dass Amateure ihre besondere Begabung zur Schau stellen - und auf möglichst viele Telefonanrufe der Zuschauer hoffen. Denn es gibt einen Titel zu erringen: In der ZDF-Show ist es der Wettkönig, der Sieger der Castingshow darf sich "The Voice of Germany 2012" nennen.

Wer das sein wird, entscheidet sich am Freitagabend: Vier Kandidaten sind noch übrig geblieben. Der 26-jährige Deutsch-Amerikaner Michael Lane, die 23-jährige Isabell Schmidt aus Greifswald, Frauenschwarm Nick Howard, 30, aus Berlin und der Luxemburger James Borges, 24 Jahre alt. Im Finale zählen auch die Download-Verkäufe der vier Künstler - und da liegt die einzige Dame in der Runde bislang vorn.

Immerhin: Dass die Anzahl der verkauften Songs eine Rolle spielt, zeigt, dass es letztlich doch auch um Musik geht. Und so hat Moderator Thore Schölermann eine gewisse Berechtigung, wenn er am Freitag um 20.15 Uhr die Zuschauer wieder mit den Worten animiert: "Let's get ready to rock!"

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