Das Fernsehen hat sich auf den Weg gemacht. Das betrifft vor allem historische Stoffe. Nachdem diese lange Zeit entweder in der Nazi-Zeit oder im dunklen Mittelalter angesiedelt waren, nehmen die Filmemacher auch andere lohnenswerte Epochen in Angriff. Mit gutem Grund: Zwischen dem ewigen Adolf und der Wanderhure liegen viele Jahrhunderte deutscher Geschichte, die bislang kaum erkundet worden sind.
Eine spannende, bislang kaum erkundete Phase ist die Kaiserzeit. In ihr ist der Sechsteiler "Charité" angesiedelt, mit dem Sönke Wortmann ("Der bewegte Mann", "Das Wunder von Bern") sein Seriendebüt gibt. Die Geschichte beginnt im Dreikaiserjahr 1888 und spielt am renommierten Berliner Krankenhaus Charité, wo damals die berühmten Ärzte wie Robert Koch, Emil Behring, Rudolf Virchow in und Paul Ehrlich gearbeitet haben.
"Charité" führt in die deutsche Kaiserzeit ein
Daneben zeichnet der Mehrteiler ein weitreichendes Panorama von der deutschen Gesellschaft gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der Zuschauer erfährt viel über die Moralvorstellungen jener Zeit, den vorherrschenden Antisemitismus und das Frauenbild des Landes. Auch die politische Entwicklung jener Jahre findet hier seinen Widerhall.
Das Ganze ist weit weniger trocken und akademisch, als es sich anhört. Denn die Autorinnen (Dorothee Schön, Sabine Thor-Wiedemann) haben die Handlung mit einigen Liebes- und Emanzipationsgeschichten gewürzt. Einige beruhen sogar auf wahren Tatsachen: So hat der berühmte Mediziner und Forscher Robert Koch 1890 tatsächlich eine 17-jährige Tänzerin kennen- und lieben gelernt und sich von seiner ersten Ehefrau scheiden lassen. Ein Vorgang, der in der Kaiserzeit skandalös war.
Wer gute Unterhaltung sucht und nebenbei noch etwas lernen möchte, ist bei dieser Serie genau richtig.
Die ARD zeigt die zweite Staffel von "Charité" ab dem 19. Februar immer dienstags um 20.15 Uhr.