"Skandal-Talk: Karin Struck flippte aus", titelte die "Hamburger Morgenpost". "Talkshow: Schriftstellerin warf mit Gläsern", berichtete die "Bild"-Zeitung. Und selbst die seriöse "Süddeutsche Zeitung" sprach von einem "handfesten Eklat": Der 3. Juli 1992 ist in die Annalen der deutschen Fernsehunterhaltung eingegangen. In der NDR-Talkshow geraten Abtreibungsgegnerin Karin Struck und die damalige Bundesministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel, aneinander. Der Konflikt eskaliert - bis plötzlich Glas zerschellt.
"Wollen sie nicht einen Maulkorb holen, holen Sie doch einen Maulkorb", ruft die erboste Struck, als Moderator Wolf Schneider sie zu bändigen versucht. Immer wieder fällt die Schriftstellerin bei der Debatte um den Paragrafen 218 Merkel ins Wort. Sie bezeichnet Rita Süssmuth als "Mörderin", bekommt in der Sendung einen Weinkrampf, ignoriert die Fragen des Moderators und droht damit, die Show zu verlassen. "Gut, ich gehe", sagt Struck schließlich. Das genervte Publikum im NDR-Studio in Hamburg-Lokstedt johlt und klatscht.

Gläser fliegen durch das "NDR-Talkshow"-Studio
Dann passiert, womit niemand gerechnet hatte. Struck steht auf, hebt zum Entsetzen aller den Rock nach oben und reißt ihr Mikrofon aus ihrem Kleid. Wütend schleudert sie das Kabel samt Sender ins Publikum, wirft ein volles Glas Rotwein hinterher. Eine Zuschauerin wird getroffen und blutet. Die Gäste der Talkshowrunde und die Zuschauer sind schockiert. Laute Schreie sind zu hören. Dann eine Stimme: "Das darf doch wohl nicht wahr sein. Du blutest, oder?". Struck verlässt ungerührt das Studio.
"Es war das unangenehmste Gespräch, das ich je erlebt habe", sagt Moderator Schneider später. Er habe gewusst, dass Struck ein schwieriger Gast sei, dass sie "derart ausrasten" würde, sei für ihn aber nicht vorhersehbar gewesen. Schneider machte aber auch dem Sender Vorwürfe. Niemand sei dazwischen gegangen und habe Struck am Arm gehalten. Stattdessen sei sie bei ihrem Abgang "gnadenlos ausgeleuchtet" worden.
Struck spricht von "Hetzjagd"
Entschuldigt hat sich Struck hinterher übrigens nicht. Das Publikum habe eine "Hetzjagd" gegen sie veranstaltet. Sie habe aus reiner "Notwehr" gehandelt. In eine Talkshow wurde die 2006 verstorbene Schriftstellerin nie wieder eingeladen.