Bill Gates ist seit Jahrzehnten ein gefeiertes Tech-Mastermind, ein Vordenker. Er präsentiert sich als großer Menschenfreund, als Familienmensch und als Nerd von nebenan, obwohl er zu den reichsten Menschen der Welt gehört. Doch Gates ist auch zentrale Figur vieler Verschwörungserzählungen und hatte Verbindungen zu dem verurteilen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein (1953-2019). Am 28. Oktober feiert der Milliardär seinen 70. Geburtstag.
Bill Gates: Der Milliardär und Heilsbringer
Als Mitgründer des Software-Riesen Microsoft wurde Gates schon 1987 von "Forbes" erstmals als Milliardär gelistet. Das Wirtschaftsmagazin führte ihn später jahrelang als reichsten Menschen der Welt. Heute soll er "Bloomberg" zufolge ein Reinvermögen von rund 121 Milliarden US-Dollar besitzen (Stand: 22. Oktober). Damit liegt er zwar aktuell weit hinter Elon Musk, Larry Ellison, Mark Zuckerberg oder Jeff Bezos, aber wovon sprechen wir hier bitte? Gates hat Besitztümer in einem solchen Ausmaß, dass die meisten Menschen sich die Größenordnung wohl nicht einmal richtig vorstellen können. Stark vereinfacht: Laut Statistischem Bundesamt lag das Durchschnittsgehalt Vollzeitbeschäftigter in Deutschland im April 2024 bei 4.634 Euro brutto. Für die Million bräuchte es somit rund 216 Monate - für die Milliarde 216.000 Monate, also 18.000 Jahre.
Noch mehr hätte er auf der hohen Kante, wäre da nicht seine wohltätige Stiftung und die Scheidung von seiner früheren Gattin Melinda French Gates (61) gewesen. Milliarden flossen in die "Gates Foundation", 2021 ließ sich das Paar nach rund 27 Ehejahren und drei gemeinsamen Kindern scheiden. Eine weitere Trennung stand 2024 an, als sie ankündigte, als Co-Chefin der damals noch gemeinsamen Stiftung auszuscheiden. Laut einer Abmachung mit ihrem Ex-Mann erhalte sie 12,5 Milliarden Dollar, die sie für ihre Arbeit "im Namen von Frauen und Familien" nutzen wolle.
Bill Gates: Die Epstein-Connection
Zum erweiterten Bekanntenkreis des Milliardärs gehörte auch Epstein. Im Oktober 2019 berichtete die "New York Times", dass es mehrere Treffen der beiden gegeben habe. Eine Sprecherin erklärte damals, dass es dabei stets um Philanthropie gegangen sei. Gates bereue es, sich jemals mit Epstein getroffen zu haben. Eines Berichts des "Wall Street Journal" aus dem Jahr 2023 zufolge könnte jener damit gedroht haben, eine Affäre Gates' mit einer russischen Bridge-Spielerin aufzudecken. Eine Sprecherin des Software-Magnaten wiederholte, dass es bei den Treffen nur um philanthropische Angelegenheiten gegangen sei, Epstein habe "erfolglos versucht, eine frühere Beziehung auszunutzen, um Herrn Gates zu bedrohen".
Anfang diesen Jahres bezeichnete er die Treffen im Gespräch mit WSJ als "großen Fehler". Es sei "ziemlich dumm" gewesen, sich auf Epstein einzulassen. In ihrem im April veröffentlichten Buch "The Next Day" deutete Melinda French Gates an, dass die Epstein-Verbindung ihres Mannes ein Mitgrund für das Ehe-Aus war. Sie schrieb von einem "zutiefst beunruhigenden Artikel" in der "New York Times" aus dem Oktober 2019, der darauf hingedeutet habe, dass ihr damaliger Ehemann "nicht nur unsere Ehe, sondern auch meine Werte" verraten habe.
Kritiker sehen das Gebaren Gates' auch anderweitig problematisch. Der Journalist Tim Schwab erklärte etwa in diesem Februar der "Deutschen Welle": "Während andere Milliardäre unverhohlen egoistisch sind, hat Bill Gates immer versucht, sich als selbstloser Menschenfreund und guter Milliardär zu präsentieren." Gates' Autobiografie "Source Code" bezeichnet der deutsche Verlag als "ganz persönliche Geschichte eines Jahrhundertcharakters", Schwab spricht bezüglich des Buchs von einer "Marketing- und Branding-Strategie" des Unternehmers.
Gates möchte offenbar nahbar wirken. "Meet Bill", also "Triff Bill", steht auf seiner Webseite "GatesNotes". Dort zeigt er sich etwa mit einer seiner Töchter bei einem Treffen auf einen Bubble Tea. Er berichtet davon, dass er und die Kids Brettspiele wie Klaus Teubers "Die Siedler von Catan" lieben und dass sein verstorbener Vater für ihn immer "der echte Bill Gates" sein wird. Familie und Freunde erinnerten ihn nicht nur daran, was wichtig sei, sondern inspirierten ihn auch dazu, "ein besserer Vater und Freund" zu sein.
Bill Gates: Der Hellseher
Für manche ist das Internet wohl immer noch Neuland, für Bill Gates war es das zumindest anfangs auch. Der Tech-Vorreiter wurde in der Öffentlichkeit auch immer wieder geradezu als eine Art Hellseher wahrgenommen, wenn es um technische Entwicklungen ging. In einem Video der britischen BBC von 1993 erklärte ein junger Gates breit grinsend seine Vision: "Sicherlich werden Computer irgendwann in einer sinnvollen Hinsicht genauso smart sein wie Menschen. Es hat sich herausgestellt, dass es ein sehr schwieriges Problem ist. Und es wird noch einige Zeit dauern, aber wir werden es schaffen. Es gibt keine Geheimzutat, mit der die alten Chips nicht klarkommen."
Dass natürlich bei weitem nicht alle Vorhersagen eintreten würden, ist auch klar - und schließlich kann man Prognosen nach neuen Erkenntnissen auch anpassen. "Ich sehe für die nächsten zehn Jahre kaum kommerzielles Potenzial für das Internet", soll er angeblich im Jahr 1994 auf einer Messe gesagt haben. Ein Jahr später wurde ein internes Memo Gates' versandt, in dem er davon schrieb, dass er bezüglich seiner Ansichten mehrere Phasen durchlaufen habe. Jetzt weise er dem Netz höchste Bedeutung zu. Im Jahr 1996 ging Gates in einem Essay erneut näher auf das World Wide Web ein, das damals noch in seinen Kinderschuhen steckte und nicht allzu viel mit dem zu tun hatte, was die meisten Menschen heute unter dem Internet verstehen.
Schon in der Überschrift prophezeite er: "Content ist König". Er erwarte, dass damit künftig das meiste Geld im Netz verdient werden könne. Eine der spannenden Seiten des Internets sei, "dass jeder mit einem PC und einem Modem alle Inhalte veröffentlichen kann, die er auch erstellen kann". Heute fühlt man sich unweigerlich an die florierende Content-Creator- und Influencer-Landschaft auf Plattformen wie YouTube, TikTok oder Instagram erinnert.
Bill Gates: Der Verschwörer
Mit Blick zurück wirkt es skurril, dass Gates 1993 von geheimen Zutaten sprach - das aber nicht so meinte, wie ihm das heutzutage ausgelegt werden könnte. Insbesondere während der Covid-19-Pandemie kamen unzählige Verschwörungserzählungen rund um Gates auf. Er wurde zum Sinnbild von "denen da oben", die im stillen Kämmerlein bestimmen. Er war einer der schattenumwobenen Elite, die den Großteil der Menschheit davon abhalten möchte, über den Eisbergrand am Ende der flachen Erde zu blicken. Die "Tagesschau" schrieb im April 2020, dass der Milliardär "zum globalen Sündenbock der Verschwörungsideologen geworden" sei. Behauptet wurde etwa, "Gates wolle die Welt regieren, die Menschen überwachen oder stecke sogar hinter der Pandemie, um Impfstoffe zu verkaufen". Eine der Erzählungen drehte sich etwa um vermeintlich über Impfungen eingesetzte Mikrochips: "So wolle Gates mit Hilfe dieser Chips und 5G die Menschheit lenken und kontrollieren."
Keine Frage, Bill Gates ist nicht Lieschen Müller. Aber ob er wie ein Filmbösewicht als Teufel in Person die Menschheit versklaven möchte? Natürlich besitzt er so viel Geld, dass man nicht darüber diskutieren muss, ob dies noch moralisch vertretbar ist, während Millionen Menschen hungern müssen. Auf der anderen Seite hat er im Mai angekündigt, dass er mit der Gates Foundation "praktisch [sein] gesamtes Vermögen" in den kommenden 20 Jahren "für die Rettung und Verbesserung von Leben auf der ganzen Welt" spenden wolle. Vielleicht hat er dabei keine Hintergedanken, vielleicht ist es ein PR-Move.