Fast täglich werden neue Vorwürfe gegen US-Produzent Harvey Weinstein bekannt. Mehrere Frauen werfen ihm Belästigung bis hin zur Vergewaltigung vor. Weinstein bestreitet, Frauen zum Sex gezwungen zu haben. Doch die Liste der Kronzeuginnen der Übergriffe liest sich wie das Who in Who in Hollywood. Der Überblick:
+++ Netflix-Produzentin verklagt Weinstein auf 10 Millionen +++
Alexandra Canosa, die Produzentin der Netflix-Abenteuerserie "Marco Polo" zieht gegen den ehemaligen Film- und Fernsehmogul Harvey Weinstein vor Gericht. Wie am Donnerstag bekannt wurde, verklagte sie ihn vor dem Obersten Gericht New Yorks wegen sexueller Übergriffe, sexueller Einschüchterung, emotionalen Missbrauchs und physischer Aggression auf zehn Millionen Dollar (8,4 Millionen Euro) Schmerzensgeld.
Die Weinstein zur Last gelegten Taten erstreckten sich Canosa zufolge über eine Reihe von Jahren bis zum September. Die Liste der Frauen, die angeben, von Weinstein sexuell belästigt, angegriffen oder vergewaltigt worden zu sein, ist seit Anfang Oktober auf etwa hundert Namen angewachsen.
+++ New Yorker Polizei sammelt Beweismaterial, um Haftbefehl zu bewirken +++
Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein droht möglicherweise die Verhaftung: Die New Yorker Polizei kündigte an, einen Haftbefehl gegen Weinstein wegen Vergewaltigung vorzubereiten. Würde Weinstein sich in New York aufhalten, "dann würden wir ihn unverzüglich festnehmen", sagte der Chefermittler der New Yorker Polizei, Robert Boyce.
Da Weinstein aber in einem anderen Bundesstaat sei und der Vergewaltigungsfall einige Jahre zurückliege, müsse zunächst vor Gericht ein Haftbefehl erwirkt werden, sagte Boyce. Dafür stelle die Polizei gerade Beweismaterial zusammen. Konkret geht es um den Fall der Schauspielerin Paz de la Huerta. Sie hatte Weinstein beschuldigt, sie 2010 zwei Mal in New York vergewaltigt zu haben.
De la Huerta habe gegenüber der Polizei eine Aussage gemacht, die "glaubwürdig und detailreich" gewesen sei, sagte Boyce. "Wir haben hier einen richtigen Fall."
+++ Neue Vergewaltigungs-Vorwürfe gegen Weinstein +++
Die US-Schauspielerin Annabella Sciorra berichtete dem Magazin "New Yorker", Weinstein habe sie in den frühen 1990er Jahren in ihrer Wohnung vergewaltigt. Danach sei sie in eine Depression gefallen und habe jahrelang nicht mehr gearbeitet. Aus Angst vor negativen Reaktionen der Filmbranche habe sie jedoch geschwiegen, berichtete die vor allem durch die US-Serie "The Sopranos" bekannte 57-Jährige weiter. Als sie die Schauspielerei wieder aufgenommen habe, sei sie weiterhin jahrelang von Weinstein belästigt worden.
Sciorras Kollegin Daryl Hannah warf Weinstein vor, sie belästigt zu haben. Doch habe sie sich erfolgreich dagegen gewehrt, sagte die 56-Jährige dem "New Yorker". Sie habe unter anderem dem Starregisseur Quentin Tarantino von Weinsteins Übergriffen erzählt - gebracht habe ihr diese Offenheit aber nichts. Tarantino hatte vor kurzem zugegeben, von Weinsteins Taten gewusst zu haben.
+++ Ehemalige Weinstein-Assistentin bricht ihr Schweigen +++
Eine ehemalige Assistentin von Harvey Weinstein hat nach eigenen Worten für ihr Schweigen über sexuelle Belästigung Geld erhalten. In einem Interview mit der "Financial Times" berichtete Zelda Perkins, dass Weinstein Ende der 90er Jahre mehrmals nackt vor ihr herumgelaufen sei. Außerdem habe er sie um Massagen gebeten.
"Er verhielt sich so bei jeder Gelegenheit, wenn wir beide allein waren. Ich musste ihn häufiger morgens im Hotel wecken und er versuchte, mich in sein Bett zu ziehen", sagte Perkins. Sie habe gekündigt, als ihr eine Kollegin von einem sexuellen Übergriff Weinsteins berichtete.
Nach Schilderung von Perkins erhielten die beiden Frauen von Weinsteins Anwälten ein Schweigegeld von 250 000 britischen Pfund (rund 281 000 Euro), als sie ihn anzeigen wollten. Außerdem sollen sie einen Vertrag unterschrieben haben, dass sie die Vorfälle vertraulich behandeln. Perkins wolle nach 19 Jahren ihren Vertrag öffentlichkeitswirksam brechen, um eine Diskussion über Geld und Macht anzuregen, sagte sie in dem Interview.

+++ US-Polizei ermittelt wegen Vergewaltigung +++
Nach den Vergewaltigungsvorwürfen hat die Polizei von Los Angeles Ermittlungen eingeleitet. Die Polizei habe ein mutmaßliches Opfer einer Vergewaltigung befragt, an der Weinstein beteiligt gewesen sein solle, und die vermutlich 2013 stattgefunden habe, sagte der Polizeisprecher Drake Madison der Nachrichtenagentur AFP. Den Namen des Opfers nannte er nicht, mehreren Medienberichten zufolge soll es sich um eine italienische Schauspielerin handeln.
+++ Auch "Game of Thrones"-Star Lena Headey berichtet von Belästigung durch Weinstein +++
Auch die britische Schauspielerin Lena Headey, als "Game of Thrones"-Königsmutter Cersei Lannister bekannt, spricht nun offen über angebliche sexuelle Übergriffe von Harvey Weinstein. Auf Twitter berichtete die 44-Jährige über zwei Begegnungen mit dem Filmmogul, die sie "fassungslos" und "völlig machtlos" gemacht hätten.
Die erste soll 2005 beim Filmfest in Venedig stattgefunden haben, wo der Miramax-Film "Brothers Grimm" gezeigt wurde. Eine anzügliche Geste und Bemerkung Weinsteins habe sie lachend abgewehrt, obwohl sie zutiefst schockiert gewesen sei, schreibt Headey. Danach habe sie keine weitere Rolle mehr in einem Miramax-Film erhalten.
Jahre später bei einem Arbeitstreffen in Los Angeles habe Weinstein vorgeschlagen, er wollte ihr in seinem Hotelzimmer ein Drehbuch geben. Sie habe schon im Aufzug ein ungutes Gefühl gehabt und klar gestellt, dass sie an nichts Anderem als Arbeit interessiert sei. Nach Headeys Schilderung habe Weinstein sie nach dieser Äußerung wortlos und wütend zu seiner Zimmertür geführt. Nachdem die Schlüsselkarte nicht funktionierte, sei er noch wütender geworden und habe sie zum Ausgang begleitet. "Erzähle niemandem davon, nicht deinem Manager, nicht deinem Agenten", habe er ihr ins Ohr geflüstert. "Ich bin in mein Auto gestiegen und habe geweint", beschreibt die Schauspielerin ihre Reaktion auf den Vorfall.
+++ Harvey Weinstein tritt als Verwaltungsrat seiner Firma zurück +++
Immer mehr Frauen werfen US-Starproduzent Harvey Weinstein sexuelle Übergriffe vor - jetzt ist der 65-Jährige als Verwaltungsrat seiner eigenen Firma zurückgetreten. Dies berichteten US-Medien und beriefen sich auf eine Stellungnahme der Weinstein Company. Eine Woche zuvor hatte die Produktionsfirma Weinstein Company ihren Mitbegründer bereits als Vorstandschef gefeuert. Auch die Oscar-Akademie hatte Weinstein aus ihrem Verband ausgeschlossen. Der Skandal war nach einem Bericht der "New York Times" ins Rollen gekommen, wonach der einflussreiche Hollywood-Produzent über Jahrzehnte Schauspielerinnen und Mitarbeiterinnen seiner Firma belästigt und in einigen Fällen missbraucht hat. Der Zeitung zufolge hielt Weinstein mindestens acht Frauen mit Schweigegeld davon ab, an die Öffentlichkeit zu gehen. Weinstein bestreitet, Frauen zum Sex gezwungen zu haben.
+++ Reese Witherspoon wurde mit 16 in Hollywood Opfer von sexueller Gewalt +++

Auch die Oscar-Gewinnerin Reese Witherspoon kennt die Schattenseiten von Hollywood. Bei einer Gala in Beverly Hills erzählte die Schauspielerin erstmals von ihren persönlichen Erfahrungen mit sexueller Belästigung. Es sei eine schwere Woche für Frauen überall auf der Welt gewesen. Ihre eigenen Erinnerungen seien zurückgekommen, sie könne kaum schlafen, habe Schuldgefühle, weil sie nicht früher darüber gesprochen habe.
"Ich ekle mich richtig vor dem Regisseur, der mich angegriffen hat, als ich 16 war und bin wütend auf die Agenten und Produzenten, die mir das Gefühl gegeben haben, dass ich nur den Job behalte, wenn ich darüber schweige", sagte sie laut "People". Es sei nicht das einzige Mal in ihrer Karriere gewesen, sie sei mehrfach sexuell belästigt und sexuell angegriffen worden. Durch die zahlreichen Geschichten der Opfer, die jetzt nach dem Weinstein-Skandal gehört werden, fühle sie sich weniger allein. "Ich fühle mich wirklich ermutigt, dass es einen neuen Normalzustand geben wird. Für all die jungen Frauen heute hier wird das Leben anders sein, weil wir bei euch sind, wir euch den Rücken stärken und dadurch geht es mir besser."
+++ Woody Allen will keine "Hexenjagd" auf Männer +++

Kontroverse um die Äußerungen von Regisseur Woody Allen ("Der Stadtneurotiker"): In einem Interview mit dem britischen TV-Sender BBC redete sich Allen nach den zahlreichen Vorwürfen gegen Filmproduzent Harvey Weinstein um Kopf und Kragen. Wörtlich sagte Allen: "Tragisch für die armen Frauen, die betroffen waren, traurig für Harvey, dessen Leben so durcheinander gerät."
Nach einem Aufschrei der Empörung sah sich Allen schon kurze Zeit später zu einer Klarstellung genötigt. "Als ich sagte, dass es mir für Harvey Weinstein leid tut, dachte ich, es wäre klar, dass ich so fühle, weil er ein trauriger, kranker Mann ist. Ich war überrascht, dass es anders aufgenommen wurde", sagte er der Zeitschrift "Variety".
Viele hatten Allens Äußerungen als Verständnis für Weinstein aufgefasst, denn der Regisseur warnte vor einer "Hexenjagd" auf Männer: "Aber es sollte auch nicht zur Atmosphäre einer Hexenjagd führen, in der jeder Kerl, der in einem Büro einer Frau zuzwinkert, plötzlich einen Anwalt rufen muss", sagte der 81-Jährige. "Das ist auch nicht richtig."
+++ J.J. Abrams nennt Weinstein ein "Monster" +++
Im Skandal um sexuelle Belästigungen in Hollywood distanziert sich auch Regisseur J.J. Abrams ("Star Wars: Das Erwachen der Macht") klar von Filmproduzent Harvey Weinstein. "Er ist ein Monster", sagte der 51-Jährige dem US-Magazin "The Hollywood Reporter" am Rande einer Gala in Los Angeles. "Ich glaube nicht, dass man genug darüber sprechen kann, wie abstoßend böse sein Machtmissbrauch war", sagte Abrams. Nach einem Bericht der "New York Times" über Weinstein haben zahlreiche Schauspielerinnen dem Hollywoodmogul sexuelle Belästigungen und Missbrauch bis hin zu Vergewaltigungen vorgeworfen.
+++ Macron will Weinstein Orden der französischen Ehrenlegion abnehmen lassen +++
Frankreichs Präsident Macron will dem US-Filmproduzenten Weinstein wegen der Vergewaltigungsvorwürfe den Verdienstorden der Ehrenlegion abnehmen. Er habe entsprechende Schritte eingeleitet, sagte Macron gestern dem Fernsehsender TF1. Angesichts des in keiner Weise ehrwürdigen Verhaltens von Weinstein wünsche er sich, dass daraus die Konsequenzen gezogen werden. Die Ehrenlegion ist die wichtigste Auszeichnung für besondere Verdienste in Frankreich und kann auch an Ausländer vergeben werden. Der einst mächtige Filmproduzent Weinstein ist durch Belästigungs- und Vergewaltigungsvorwürfe massiv unter Druck geraten. Am Samstag schloss die Oscar-Akademie den 65-Jährigen aus ihren Reihen aus.
+++ Britische Polizei ermittelt in drei weiteren Fällen wegen Vergewaltigung gegen Weinstein +++
Die Polizei in London ermittelt Medienberichten zufolge in drei weiteren Fällen gegen den US-amerikanischen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein wegen sexueller Übergriffe. Scotland Yard nannte keine Details, bestätigte aber, dass es sich um denselben Verdächtigen handele, wie in einem Fall, der bereits am Donnerstag bekannt geworden war. Dabei geht es um einen Vergewaltigungsvorwurf der britischen Schauspielerin Lysette Anthony gegen Weinstein, wie die "Times" am Sonntag berichtete. Nun soll sich ein weiteres Opfer Weinsteins an die Behörden gewandt haben. Es handele sich dabei um Vorfälle aus den Jahren 2010, 2011 und 2015 in London, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA.