Max Giesinger (36) veröffentlicht am 26. September sein fünftes Studioalbum "Glück auf den Strassen". Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verrät der Sänger, warum er sich beim Songwriting "total befreit" gefühlt hat und was Musikmachen und Kaffeekochen für ihn gemeinsam haben. Zudem erzählt er, was sich durch einen Umzug in Hamburg für ihn verändert hat und wie er in Sachen Liebe in die Zukunft blickt.
Das Album heißt "Glück auf den Strassen" - inwiefern haben Sie denn schon Glück auf den Straßen gefunden?
Max Giesinger: Immer wieder. Manchmal ist es einfach dieser Moment: Du sitzt mit jemandem, der dir wichtig ist, auf einer Parkbank, erzählst Geschichten, der Kaffee dampft in der Hand - und du merkst: Genau das ist es. Nicht das große Ankommen, sondern diese kleinen Pausen am Straßenrand sind es, die das Leben schön machen. Und das meistens, wenn man sich auf das Hier und Jetzt einlässt.
Sie sagen, dieses Album sei so sehr Sie selbst wie vielleicht keines zuvor. Was genau macht es so authentisch?
Giesinger: Bei diesem Album habe ich mir bewusst die Frage gestellt: Was würde eigentlich passieren, wenn ich komplett frei an die Sache rangehe? Wenn es kein Publikum gäbe, keine Erwartungen - welche Musik käme dann aus mir raus? Genau so bin ich rangegangen. Ich hab mich total befreit gefühlt im Songwriting, und aus dieser Haltung heraus sind, glaube ich, meine bisher schönsten Titel entstanden. Es war wie eine Phase des Freischwimmens.
Wie haben Sie gelernt, sich von äußeren Einflüssen, etwa durch Social Media, weniger beeinflussen zu lassen?
Giesinger: Früher hab ich mir ständig den Kopf zerbrochen, wenn irgendwo ein blöder Kommentar stand. Heute filtere ich viel stärker: Ich höre auf Menschen, die mir nahestehen und ehrlich zu mir sind. Social Media ist am Ende auch nur eine Bühne - aber nicht mein Maßstab fürs echte Leben.
In der Albumankündigung wird Kaffeekochen als Metapher fürs Musikmachen genannt - was haben beide Prozesse für Sie gemeinsam?
Giesinger: Beides braucht Zeit, Hingabe und die richtigen Zutaten. Ein guter Kaffee entsteht nicht, wenn du's schnell schnell machst - genau wie ein guter Song. Für mich ist Kaffee auch ein Ritual, ein Ankommen im Moment. Und genau so fühlt sich Musikmachen an.
Sie waren während der Albumproduktion eine Woche im buddhistischen Kloster - was haben Sie dort über sich gelernt und würden Sie wieder dorthin gehen?
Giesinger: Ich hab dort gemerkt, dass ich eigentlich relativ wenig brauche, um happy zu sein - und dass das mit dem Schweigen viel besser klappt, als ich dachte. Man war viel in der Natur und kaum am Handy. Schon am dritten Tag hatte ich ein ziemlich genaues Bild davon, wie ich meine nächsten zwei Jahre gestalten will. Ich würde da definitiv nochmal hingehen, beim nächsten Mal gerne noch länger.
Laut Ankündigung geht es auch um Ihren Lernprozess und die Erkenntnis: "Der Junge, der rennt, hat gelernt, einfach mal stehenzubleiben." Wie macht sich das in Ihrem Leben bemerkbar?
Giesinger: Indem ich mir immer mal wieder bewusst Pausen nehme - und lerne, das Gefühl auszuhalten, nicht immer produktiv sein zu müssen. Wenn ich in ein paar Jahren auf meine 30er zurückblicke, erinnere ich mich wahrscheinlich nicht an jedes einzelne Konzert, aber sicher an die schönen Momente mit den Menschen, die mir wichtig sind.
Sie haben gelernt, loszulassen und Sachen hinter sich zu lassen, zum Beispiel Ihre alte Wohngegend. Wie haben Sie dort gelebt und wie leben Sie jetzt?
Giesinger: Das war gar nicht so einfach, und ich ertappe mich auch heute noch dabei, wie ich ganz nostalgisch durch meine geliebte Schanze laufe. Ich hab dort in einer kleinen Altbauwohnung gewohnt - und das Schöne war: Neben mir, über mir, ein Haus weiter wohnten meine besten Freunde. Das war schon besonders. Aber irgendwann hab ich mich nach mehr Ruhe gesehnt, denn in der Schanze geht ja immer der Punk ab. Jetzt lebe ich etwas ruhiger, genieße den Kaffee auf meiner Terrasse - und bin trotzdem in fünf Minuten mit dem Auto wieder in meiner alten Ecke.
"Wimpernschlag" ist mit Ihrem Kumpel Johannes Oerding entstanden. Kann man mit Freunden noch besser zusammenarbeiten oder gibt es auch Nachteile?
Giesinger: Mit Johannes hatte das nur Vorteile. Wir kennen uns schon so lange, dass wir uns ehrlich Feedback geben können. Und unsere gemeinsamen Social-Media-Aktionen rund um den Song haben super viel Spaß gemacht. Kurz hat es sich fast angefühlt, als wären wir eine kleine Band.
Sie singen offen über vergangene Liebe und Abschied. In "Mach's gut" geht es um den Abschied von Ihrer Oma. Wie hat sie Sie geprägt?
Giesinger: Meine Oma war für mich jemand, der mich immer komplett gesehen hat. Sie hat mir dieses Gefühl gegeben: "So wie du bist, bist du richtig." Und sie hat schnell verstanden, dass ich ein kreativer Kopf bin. Wir haben viel gebastelt und gemalt. Sie war unglaublich bodenständig und hat sich nie was aus Wertgegenständen gemacht. Das trage ich bis heute in mir.
In "Du wärst es gewesen" geht es um die Angst, an was Gutem nicht festgehalten zu haben und dass es vielleicht die große Liebe gewesen ist. Wie gehen Sie mit solchen Zweifeln um?
Giesinger: Indem ich sie akzeptiere und von allen Seiten beleuchte. Und indem ich Songs darüber schreibe. Dieses Gefühl, vielleicht die große Liebe gehen gelassen zu haben, ist überwältigend. Aber am Ende ist es doch so: Wenn's sein soll, kommt es zurück - und wenn nicht, hatte es wohl seinen Grund.
Im vergangenen Juni haben Sie in einem Interview erklärt, dass Sie "noch sehr emotional" sind, wenn es um Ihre letzte Beziehung geht. Wie geht es Ihnen heute damit?
Giesinger: Mir geht's mittlerweile deutlich besser. Ich denke einfach dankbar an die wunderschöne Zeit zurück.
Wie blicken Sie in Sachen Liebe in die Zukunft?
Giesinger: Ich glaube, solange man offen durchs Leben geht und sich nicht unter Druck setzt, hat die Liebe immer gute Chancen. Ich blicke da sehr zuversichtlich nach vorne.