Was tun, wenn die leibhaftige Queen Elizabeth II. plötzlich vor einem steht? Offenbar scheinen Amerikaner zu befürchten, dass ihre Landsleute sich eher daneben benehmen werden, wenn die britische Monarchin zu ihrem sechstägigen US-Staatsbesuch mit der hiesigen Bevölkerung Kontakt aufnimmt. Seit Tagen sind in Zeitungen Verhaltenstipps für den richtigen Umgang mit ihrer Majestät zu lesen. Und der Gouverneur von Virginia hat eigens für das Ereignis eine Internetseite eingerichtet.
Die britische Königin Elizabeth II. und ihr Ehemann, Prinz Philip, sind am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in Richmond (Virginia) eingetroffen, um den 400. Jahrestag der Ankunft der ersten Siedler in der Neuen Welt zu feiern. Zum Auftakt stand ein Besuch im Kapitol von Richmond auf dem Programm. Und der erste Kontakt mit der Bevölkerung. 13.000 Menschen fasst der Platz vor dem Kapitol in Richmond. Und damit 13.000 potenzielle Fauxpas.
Verhaltenstipps vom Adelsexperten
"Rufen Sie nicht: Hallo Queen oder Hallo Queenie", rät Robert Lacey in der Washington Post. Die Zeitung hat den Adels-Experten und Biografen der britischen Monarchin über den richtigen Umgang mit einer Königin befragt. Überschrift des Artikels: "Ratschläge zum Treffen mit ihrer Majestät". Dahinter verbirgt sich eine ganze Liste von Tipps, die für jeden Deutschen, der das Wort "Knigge" auch nur einmal gehört hat, wie eine Selbstverständlichkeit klingen. "Liz oder Elizabeth" kommt als Anrede nicht gut an", ist da zu lesen. Auch solle man sich nicht zu kumpelhaft geben und so tun, also kenne man sich schon seit Jahren persönlich - selbst wenn man die Königin schon etliche Male im Fernsehen oder im Kinofilm "The Queen" gesehen habe. "Und bitte, keine Geschichten darüber, dass man ja in Wahrheit mit dem britischen Königshaus verwandt sei", rät Lacey und "nicht nach der Hand der Königin grabschen". Mit seinen Ratschlägen macht er es den Amerikanern allerdings nicht einfach. Zu plump solle man nicht sein, zu höflich aber offenbar auch nicht. Hofknicks oder Verbeugung seien überflüssig. Ebenso sei es nicht nötig, einen britischen Akzent beim Sprechen nachzuahmen.
Der erste Staatsbesuch der Queen seit sechzehn Jahren macht auch die First Lady Virginias, Anne Holton, nervös. "Hüte sind ein großes Thema", sagt deren Sekretärin, Amy Bridge. "Die First Lady denkt oft darüber nach und hatte viele Fragen dazu." Und Bridge selbst hat sich auf den Besuch der Königin mit der Fernseh-Dokumentation "Ein Jahr auf Schloss Windsor" vorbereitet. Erstaunt erzählte sie der "Washington Post", dass der Esstisch der Queen dort so breit sei, dass es ein Angestellter in speziellen Socken auf den Tisch klettern müsse, um die Kerzenleuchter und Tischaufsätze in die Mitte zu schieben. Bei so viel Sachverstand hielt es das Auswärtige Amt in Washington offenbar für besser, jemanden abzustellen, der mit Bridge das königliche Protokoll durchgeht. Der Buckingham Palast schickte zusätzlich 15 Mitarbeiter nach Virginia.
Bitte keine Tiere
Zum ersten Treffen zwischen Queen und First Lady kommt es gleich nach deren Ankunft in Richmond. Auf dem Programm steht offizielles Händeschütteln mit Virginias Gouverneur Timothy Kaine. Von seinem Amtssitz wollten die königlichen Gäste dann zum Kapitol gehen, wo die Queen eine Rede vor Senat und Abgeordnetenhaus halten sollte. Und da kommen neben den Hutproblemen von Amy Bridge plötzlich wieder 13.000 andere dazu. 45 davon sogar ganz prekär. Denn 45 Personen haben in einer Lotterie Plätze in der ersten Reihe gewonnen und werden damit nur einen Meter von der Queen entfernt sein oder ihr sogar die Hand schütteln. Doch Gouverneur Kaine hat vorgesorgt. Auf der Website http://queensvisit.governor.virginia.gov ist zu lesen, was Besucher beim Queen-Gucken beachten müssen. Denn der kluge Amerikaner sollte vorsorgen, um seinen Kalorienbedarf zu decken. Es gibt weder Burger-Stände noch Hot-Dogs vor Ort. Besucher dürfen ihr Essen selbst mitbringen. Dosen, Schirme, Alkohol und Haustiere übrigens nicht.
Und was passiert, wenn trotz aller Verhaltenstipps sich doch ein Amerikaner daneben benimmt? "Die Konsequenzen sind nicht mehr so schlimm wie sie mal waren", sagt Adels-Experte Lacey. "Sie werden jedenfalls nicht im Tower von London enden".