Was macht eigentlich ... ... Stella Rimington?

Sie wurde 1992 als erste Frau auf den Posten des Direktors des britischen Inland-Geheimdienstes MI5 berufen - und diente als Vorlage für "M", die Film-Chefin von James Bond.

Frau Rimington, Ihr neuester Thriller spielt im Milieu russischer Oligarchen in London. Eine Anspielung auf den Mord an dem ehemaligen russischen Spion Alexander Litwinenko?

Als Litwinenko ermordet wurde, hatte ich den Roman bereits zu einem Großteil geschrieben. Ich hätte mein Opfer nie durch radioaktives Gift umbringen lassen. Das hätte niemand geglaubt.

Die Methode erinnert an den Regenschirmmord, der in London verübt wurde, während Sie in der Anti-Spionage-Abteilung des britischen Geheimdienstes MI5 arbeiteten.

Ja, ein Mann namens Georgi Markow lag in einer Londoner Klinik und behauptete, ihn habe jemand mit einem Regenschirm gestochen. Vier Tage später war Markow tot. In Paris wurde ein Mann auf die gleiche Art angegriffen - in seinem Bein fand man eine Giftkapsel. Da war klar, was mit Markow passiert war.

Sie haben den MI5 zu einer Zeit geleitet, in der es vor allem um Spionageabwehr ging. Heute lautet die Aufgabe "Krieg gegen den Terror".

Ich bin der Meinung, dass dieser Begriff in die Irre führt. Er enthält die Vorstellung, Terror lasse sich allein durch militärische Stärke besiegen. Das halte ich für einen großen Fehler. Terror hat komplexe Ursachen - und um diese verstehen zu können, muss man jeden einzelnen Terrorangriff und dessen Hintergründe analysieren.

Zu Ihrer Zeit gab es regelmäßig IRA-Anschläge in Großbritannien. Und doch schien der Terror den Alltag weniger zu bestimmen als heute.

Zweimal wäre fast die gesamte britische Regierung ausgelöscht worden. Einmal durch die Bombe in einem Hotel in Brighton, in dem Premierministerin Margaret Thatcher abgestiegen war. Einmal durch einen Granatenangriff auf Downing Street. Jeder sagte: "Nein, wie furchtbar", und dann machten wir unsere Arbeit und versuchten, die Schuldigen zu finden. Das ist heute anders.

Zur Person

Stella Rimington, 1935 in London geboren, studierte Archivwesen in Edinburgh. Als ihr Mann 1963 an das Hochkommissariat in Delhi versetzt wurde, begann sie als Sekretärin für den Geheimdienst zu arbeiten. 1969 kehrten sie nach London zurück. Anfang der 80er wurde sie Leiterin der Abteilung F2, unter anderem zuständig für die Abwehr von IRA-Attentaten, 1992 dann als erste Frau Chefin des MI5. Seit ihrem Abschied schreibt sie Thriller; "Beutezug" erscheint auf Deutsch im Diana-Verlag. Rimington hat zwei Töchter und lebt seit 1984 getrennt von ihrem Mann.

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Nein, nicht wirklich. Vielleicht hat die Politisierung der nationalen Sicherheit dazu beigetragen. Ich erinnere mich noch, wie wir nach dem Angriff die Aufgaben von Scotland Yard übertragen bekommen haben. Aber niemand hatte es damals für nötig befunden, einen Krieg auszurufen!

Vielleicht war das Feindbild klarer?

Ja, wir wussten, wer die Leute in der IRA waren, wo sie waren, und am Ende auch, was sie vorhatten. Die heutige Terrorszene ist sehr viel komplexer geworden.

Kaum waren Sie als erste Frau Direktorin des MI5 geworden, wurde Ihr Name öffentlich bekannt gemacht. War das damals gefährlich?

Die Regierung John Major hatte zwar entschieden, den Namen des MI5-Direktors bekannt zu geben - zum ersten Mal in der Geschichte des Geheimdienstes. Aber sie hatten nicht abgestimmt, was sie der Presse sagen wollten. Die Journalisten wetteiferten um ein Foto von mir - alles unter den wachen Augen der IRA. Als der "Independent" dann ein Foto von meinem Haus druckte, musste ich mit meinen Töchtern innerhalb kürzester Zeit umziehen.

Dafür hat Judi Dench Sie als Vorbild genommen, als sie im James-Bond-Film "Golden Eye" die Geheimdienstchefin "M" spielte.

Ja, am Anfang hat sie wohl mich gespielt. Sie übernahm die Rolle, kurz nachdem ich die Leitung des MI5 bekommen hatte. Seit diesem Film hat sich einiges geändert - M. wurde inzwischen ja sogar entführt. Das ist natürlich völlig unrealistisch.

Gefällt Ihnen der neue Bond, Daniel Craig?

Ich mochte den trockenen Humor der früheren Bonds lieber, zum Beispiel von Roger Moore. Der nahm nichts so richtig ernst, er nahm es so, wie es kam. Daniel Craig ist mir zu bierernst.

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Interview: Cornelia Fuchs und Hans-Hermann Klare

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