In der Datingwelt habe ich schon einiges gesehen, erlebt und gehört, sonst käme es wohl gar nicht zu dieser Kolumne. Doch ein Problem konnte ich über die ganzen Dates hinweg bisher nicht lösen: Erste Verabredungen, die über Dating-Apps zustande kommen. Denn beim ersten Treffen kann es passieren, dass man aufeinander zugeht und denkt: "Mmmh, das ist er also, kleiner, schmaler, als ich dachte"; sich nähert: "Ah. Irgendwie weiß ich nicht, ich glaube, das ist nicht mein Typ"; voreinander stehen bleibt, das Gegenüber anguckt und merkt: "NEIN!".
Die große Frage: Was tut man dann?
Ich kann Ihnen verraten, was ich bisher gemacht habe. Selbst wenn mich mein Kopf, mein Herz und mein Unterleib innerlich anschrieen mit: "NEIN und hoffentlich sieht dich keiner mit DEM!", weil derjenige vielleicht ganz anders als auf seinem Foto aussah oder einfach von der ersten Sekunde der Vibe nicht stimmte, zog ich das Date tapfer durch. Ich dachte immer, kein Mensch hat es verdient, beim ersten Blick stehen gelassen zu werden und einen Korb zu kriegen. Eine Stunde lang einen Kaffee zu trinken oder eine Runde spazieren zu gehen, wird mich nicht umbringen. Ich wollte das Gegenüber nicht verletzen.
Doch so manch einer handhabt das anders. Als mich mein Kollege neulich fragte, ob ich den "Parkplatz-Trick" beim Daten kenne, auf den er kam, weil er die Serie "Last X-Mas. 24 Tage für die Liebe" auf RTL+ gesehen hatte, fiel mir eine andere, alte Geschichte wieder ein, die mir mal erzählt wurde... Nennen wir die beiden mal Anna und Philipp.
Es war das dritte Date zwischen Anna und Philipp, nicht etwa das Erste, man hatte sich also schon mal in live gesehen. Offenbar war das erste Beschnuppern so verlaufen, dass Philipp nun zu Anna nach Hause eingeladen war und diese Einladung auch dankend annahm. Die beiden chillten gemütlich auf der Couch, quatschten, aßen Pizza – die Chemie schien zu passen.
Nach ein, zwei Stunden ging es schon hoch her. Man knutschte und es wurde wilder. Spätestens an diesem Punkt hätte man denken können: Ja, die Chemie passt und die beiden haben Bock aufeinander. So war es auch und man landete im Bett. Doch mittendrin stoppte Philipp und versteinerte. Daraufhin fragte Anna, wie es wohl jede Frau getan hätte, ob alles gut sei.
"Ja, ja, alles gut, gib mir kurz einen Moment", sagte er und sie fragte sich, was nun passierte. Bevor sie erneute eine Frage stellen konnte, sagte er: "Können wir ne kurze Pause machen?". Sie stimmte zu, im Glauben, dass wohl irgendwas nicht so wollte wie er oder ihm vielleicht etwas weh tat. Seine Erklärung für die Unterbrechung aber war eine ganz andere: "Ich habe extra eine teure Weinflasche für uns gekauft und die im Hof bei dir stehen lassen. Als ich auf deine Haustür zuging, musste ich einmal stoppen und meine Schuhe zubinden, da hab ich sie einfach stehen lassen." Anna, irritiert vom Timing, fragte, ob sie das nicht vielleicht später besprechen könnten und lachte etwas verunsichert. Doch er brach ab und erwiderte: "Ne, ne, weißt du, was die gekostet hat? Auf keinen Fall, ich hole die schnell."
Wer denkt sich so einen miesen Dating-Trick aus?
Philipp sprang auf, zog sich in Windeseile alle seine Klamotten an, während Anna verdutzt das Geschehen beobachtete. Dann ging er schnellen Schrittes aus der Wohnungstür und sagte: "Bis gleich". Die Tür fiel ins Schloss und Anna blieb unbekleidet liegen und wartete. Es vergingen zwei, drei, vier, sieben Minuten. Doch keiner klingelte. Noch immer ohne Kleidung nahm sie nach circa zehn Minuten ihr Handy in die Hand, um Philipp anzurufen und um zu fragen, ob alles ok sei. Sie machte sich Sorgen, vielleicht war er in der Eile die Treppen runtergefallen, man weiß ja nie, es kann immer etwas passieren.
Als sie die Nummer wählte, war die Leitung still, dann erschien die mechanische Stimme der Ansage: "Diese Nummer ist leider nicht erreichbar, bitte versuchen Sie es später nochmal." Anna erschrak. War sein Akku leer gewesen? Sie erinnerte sich nicht. Als sie den Messenger WhatsApp aufrief, sah sie, dass Philipps Profilbild verschwunden war. Sie schrieb ihm dennoch eine Nachricht, fragte, wo er bleibe, schließlich war mittlerweile eine Viertelstunde vergangen. Doch die Nachricht blieb bei einem Haken. Er hatte sie blockiert. Nun wurde Anna klar: Er würde nie wiederkommen. Er hatte sie beim Sex abserviert.
Vielleicht hätte Philipp dann doch lieber zum Parkplatz-Trick greifen sollen, wenn er schon keine Eier hatte, die Dinge richtig zu beenden – im wahrsten Sinne des Wortes. Dieser besagt, dass man beim ersten Date ins Café kommt, die Verabredungen einmal abcheckt, sich dann aber mit dem Argument, einen Parkplatz suchen zu müssen, kurz noch einmal verabschiedet. Gefällt einem der andere nicht, kommt man nie wieder. Dieser Trick ist zwar menschlich ähnlich ekelhaft, aber wenigstens ist der andere so noch bekleidet.
Die Geschichten dieser Dating-Kolumne sind alle im realen Leben passiert. Ich habe sicherlich nicht alle selbst erlebt, auch Beiträge von Kollegen, Freunden und Bekannten verbergen sich unter ihnen, doch erzählenswert sind sie alle.
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