Es war einmal ein Bär, der tanzte zwei schöne Sommer lang, bevor er zum Problembär wurde. Die Rede ist von der "Bread & Butter", einer deutschen Modemesse, die das Wappentier Berlins in ihrem Logo trug. Sie kam 2003 in die Hauptstadt, mit Tamtam und dem Versprechen, Berlin zur Modehauptstadt Europas zu machen. Während Mailand, London und Paris sich in ihren Ländern als konkurrenzlose Modestädte etabliert hatten, war die deutsche Modelandschaft durch groteske Kleinstaaterei zersplittert: Ob Düsseldorfer Igedo oder CPD, Münchener Ispo oder Kölner Interjeans, jeder buhlte mit seinem Spartenprogramm und gegen die anderen um die Gunst der Branche.
Jahrzehntelang schleppte sich ein müdes Fachpublikum durch dröge Messehallen, bis plötzlich die "Bread & Butter" alle an die Spree lockte. Nicht allein der Mode wegen, sondern weil das Rahmenprogramm Festival-Charakter samt DJs und Berliner Party-Luft bot: Im Januar 2005 verursachten 42.000 Besucher ein Verkehrschaos, die Baubehörde drohte, die berstende Ausstellungshalle zu schließen. Ein typisches Hauptstadt-Happening eben, echt cool, leicht hysterisch und schwer größenwahnsinnig.
Barcelona brachte Berlin das Ende
Weil Mode von der Veränderung lebt, teilten die Macher ihre Messe auf dem Höhepunkt des Erfolges durch zwei: Ab Juli 2005 gab es in Barcelona eine zweite Ausgabe der "B&B". Dumm nur, dass im darauffolgenden Sommer mehr als 60.000 Besucher nach Barcelona gingen - nach Berlin kamen nur noch 20.000. Als der Absturz vom Lifestyle-Event zur Nischenveranstaltung drohte, verkündeten die Macher Ende Oktober 2006 das Aus ihrer Berliner Trendmesse. Es gab böse Briefe, Telefonterror, Forderungen, "Bread & Butter"-Erfinder Karl-Heinz Müller solle den Verdienstorden des Landes zurückgeben, den er erst wenige Wochen zuvor erhalten hatte. Michael Braun, stellvertretender Vorsitzender der Berliner CDU-Fraktion, beklagte einen "schweren Schlag für Berlin".
Zu jener Zeit stand die Stadt jedoch längst in angeregten Gesprächen mit der internationalen Vermarktungsgesellschaft IMG. Die verwertet nicht nur Sportler und Models und hält die Münchner Löwen von 1860 mit Krediten sowie Handgeld am Leben, sie betreibt auch die Modenschauen in New York, Los Angeles und Moskau - und ab Juli 2007 die Berliner Modewoche.
Ohne Sponsoren geht es nicht
Für die erste "Mercedes Benz Fashion Week" hat IMG sich, wie der Name des Autoherstellers schon sagt, keine schwächlichen Sponsoren mit ins Boot geholt. Nach dem Vorbild der Fashion Week im New Yorker Bryant Park soll es in Zelten am Brandenburger Tor echte Laufstegschauen geben, wie Fern Mallis, Vizepräsidentin von IMG Fashion verspricht; renommierte ausländische Label sowie deutsche Talente sollen der Fashion Week Glamour verleihen. Und wenn nur die Hälfte der Gerüchte stimmt, wenn also Marken wie Boss, Puma oder Tommy Hilfiger, Levi's und Lee ihr Kommen oder ihre Rückkehr an die Spree wahr machen, dann hat Berlin tatsächlich eine letzte Chance bekommen, sich als feste Station innerhalb des internationalen Modezirkels zu etablieren.
Die Entscheidung für die Hauptstadt sei leicht gefallen, sagt Christian Pirzer, Geschäftsführer von IMG Deutschland: "Berlin hat ein sensationelles Image, ist jung, quirlig, eine Drehscheibe der Designszene. Außerdem ist der heimische Modemarkt riesengroß. Es fehlte ihm bislang nur an einer angemessenen Plattform."
Das Engagement eines Vermarktungs-Riesen wie IMG ist natürlich alles andere als selbstlos. In New York gab es in den letzten Jahren Kritik am Auftreten der Sponsoren: Es kam nicht gut an, als etwa die Tourismusbehörde von Bermuda den Designer Peter Som dazu brachte, Bermudashorts in seine Kollektion einzubauen. Oder dass Hewlett-Packard-Produkte in etlichen Laufstegschauen auftauchten. Peinlich stieß es auf, als ein Sponsor aus der Spirituosenbranche Jeremy Scott zu überreden suchte, seine Models mit einem Gläschen Rum über den Laufsteg in Los Angeles zu schicken. Droht eine solche Kommerzialisierung auch in Berlin? "Wenn ich jetzt nein sagte, würde ich lügen", antwortet Pirzer. "Ohne Sponsoren geht es nun einmal nicht. Aber ich bin mir sicher, dass wir das Verhältnis zwischen kommerziell und künstlerisch gut gewichten können."
Dann könnte es mit Berlin als Modemetropole ja endlich mal klappen. Hätte da nicht kurz vor Weihnachten "Bread & Butter"-Chef Karl-Heinz Müller überraschend sein ganz eigenes Konzept für eine neue Berliner Messe vorgestellt: hundert junge und, was auch sonst, angesagte Modelabel, Catwalk, Kunstprojekte und Installationen, das alles unter dem Namen "Kraftwerk". Das klingt doch fast schon wieder nach einer neuen Art von Problembär.