Angriffe auf Neonazis: Mutmaßliche Linksextremisten in Dresden vor Gericht

Einer der Angeklagten in Handschellen
Einer der Angeklagten in Handschellen
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Wegen Angriffen auf Rechtsextreme müssen sich seit Dienstag sieben mutmaßliche Linksextremisten vor dem Oberlandesgericht Dresden verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft den sechs Männern und einer Frau im Alter zwischen 28 und 49 Jahren die Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung vor. Die Angeklagten äußerten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Sie sollen zwischen 2018 und 2023 in wechselnder Beteiligung Neonazis oder Menschen, die sie der rechtsextremen Szene zuordneten, angegriffen haben. Die Bundesanwaltschaft listete in der Anklage insgesamt 14 Angriffe in Deutschland und der ungarischen Hauptstadt Budapest auf, bei denen 35 Menschen teils schwer verletzt wurden.

Die Angreifer seien "planvoll und organisiert" vorgegangen, sagte Oberstaatsanwältin Alexandra Geilhorn. Die Mitglieder der Gruppe, die sich spätestens Ende 2017 oder Anfang 2018 im Raum Leipzig gegründet hatte, teilten demnach eine "militante linksextremistische Ideologie", verbunden mit der Ablehnung des demokratischen Rechtsstaats.

Unter anderem wurde im thüringischen Eisenach der Inhaber eines Lokals, das Treffpunkt der rechten Szene war, attackiert. Angriffe auf mutmaßliche Rechtsextremisten gab es auch an Bahnhöfen im sächsischen Wurzen und in Dessau in Sachsen-Anhalt, wo die Täter etwa mit Hämmern auf die Köpfe ihrer Opfer einschlugen - daher auch der in Medien verwendete Name Hammerbande. 

Zudem sollen die beiden Angeklagten Johann G. und Paul M. zusammen mit anderen mutmaßliche Neonazis in Budapest angegriffen und verletzt haben. Die Überfälle ereigneten sich im Februar 2023 rund um den sogenannten Tag der Ehre. Dazu kommen jedes Jahr Rechtsextremisten aus ganz Europa in die ungarische Hauptstadt.

In einigen Fällen nahmen die Angeklagten laut Bundesanwaltschaft zumindest "billigend in Kauf", dass die Angegriffenen zu Tode kommen könnten. Der Vorwurf lautet daher zum Teil versuchter Mord. "Es gibt keine gute politische Gewalt", sagte Bundesanwalt Bodo Vogler am Rande der Verhandlung.

Die auch als Antifa-Ost bezeichnete Gruppierung spähte ihre Opfer demnach im Vorfeld aus und setzte bei den Überfällen unter anderem Teleskopschlagstöcke, Hämmer, Handbeile und Pfeffersprays ein. Die Tatopfer sollten "verletzt und möglichst nachhaltig körperlich und psychisch beeinträchtigt werden", auch um andere Rechtsextremisten dadurch abzuschrecken, sagte Geilhorn. In speziellen Trainings hätten die Mitglieder der Gruppe Kampftechniken für die Überfälle geprobt. 

Dem 32-jährigen Johann G. schreibt die Bundesanwaltschaft neben der bereits in einem früheren Prozess verurteilten Linksextremistin Lina E. eine "herausgehobene Stellung" in der Gruppierung zu. Er sei maßgeblich für die Planung und Ausführung von Angriffen zuständig gewesen und habe gezielt Mittäter angeworben.

Die Angeklagten äußerten sich am ersten Prozesstag zunächst nicht zu den Vorwürfen. In Eröffnungsstatements hielten die Verteidiger von sechs der sieben Angeklagten dem Gericht Voreingenommenheit vor, weil einige Richter bereits am Prozess gegen  Lina E. beteiligt gewesen seien. Im Fall von Johann G. beklagte dessen Anwältin zudem eine Vorverurteilung in der Öffentlichkeit. 

Zum Teil beanstandeten Verteidiger, dass das Staatsschutzverfahren angesichts der Vorwürfe gegen ihre Mandanten "unverhältnismäßig" sei. Im Fall eines Angeklagten, der bereits in Ungarn in Haft saß, forderten dessen Verteidiger, ihren Mandanten nicht für dieselben Vorwürfe erneut zu verurteilen.

Als die Angeklagten den Gerichtssaal betraten, gab es von den zahlreich im Zuschauerbereich des Oberlandesgerichts versammelten Unterstützern Applaus und Jubelrufe. Rufe wie "Free all Antifas" erschallten. Einige Angeklagte schauten lachend in den Zuschauerraum und winkten. Auch vor dem Gerichtsgebäude bekundeten zahlreiche Demonstranten ihre Unterstützung für die Angeklagten.

Für den Prozess sind bislang Verhandlungstermine bis April 2027 angesetzt. Vier der Beschuldigten sitzen derzeit in Untersuchungshaft, drei sind auf freiem Fuß.

Es ist bereits das zweite Großverfahren im Zusammenhang mit der sogenannten Hammerbande. Bereits 2023 wurden in Dresden die Linksextremistin E. und drei Mitangeklagte wegen mehrerer Angriffe auf tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten in Deutschland zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Überfälle beschäftigen auch noch weitere Gerichte.

AFP