Biden wirbt bei Abschiedsbesuch in Berlin für transatlantische Zusammenarbeit

Joe Biden (links) und Olaf Scholz (SPD) in Berlin
Joe Biden (links) und Olaf Scholz (SPD) in Berlin
© AFP
US-Präsident Joe Biden hat bei seinem Abschiedsbesuch in Deutschland für die Fortsetzung der transatlantischen Zusammenarbeit über seine Amtszeit hinaus geworben. Diese sei auch mit Blick auf die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen unerlässlich, sagte der 81-Jährige am Freitag bei Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Drei Monate vor Ende seiner Amtszeit wurde Biden mit der höchsten deutschen Auszeichnung geehrt.

Innerhalb der transatlantischen Beziehungen spiele das Verhältnis zwischen Berlin und Washington eine ganz besondere Rolle, sagte Biden. "Ich kann mir keine Möglichkeit vorstellen, wie wir die Stabilität in Europa und der Welt ohne eine enge deutsch-amerikanische Beziehung aufrecht erhalten können."

Steinmeier sagte seinerseits bei der Auszeichnung Bidens mit der Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, bei der auch die 102-jährige Holocaust-Überlebende Margot Friedländer anwesend war, unter der Führung des im Januar aus dem Amt scheidenden US-Präsidenten sei "die transatlantische Allianz stärker und unsere Partnerschaft enger als je zuvor". Für Deutschland bleibe die Freundschaft zu den USA "existenziell wichtig", sowohl "für unsere Sicherheit als auch für unsere Demokratie".

Auch Scholz, zu dem Biden nach der Ordensverleihung fuhr, würdigte die Zusammenarbeit mit Biden: "Ich möchte die Gelegenheit heute und hier nutzen einmal Danke zu sagen: Thank you, Mr. President."

Große Themen der Gespräche in Berlin - zu denen auch ein Vierertreffen von Biden, Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer zählte - waren die Lage im Nahen Osten und in der Ukraine. 

In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, Scholz, Biden, Starmer und Macron hätten insbesondere über die Auswirkungen der Tötung von Hamas-Chef Jahja Sinwar im Gazastreifen gesprochen. Die vier Staatenlenker sprachen dabei von einer "unmittelbaren Notwendigkeit, die Geiseln zurück nach Hause zu ihren Familien zu bringen".

Scholz und Biden äußerten die Hoffnung auf ein baldiges Schweigen der Waffen. Sinwar sei für "die furchtbare Terrorattacke" der Hamas auf Israel vor gut einem Jahr verantwortlich gewesen, sagte Scholz. Durch den Tod des Hamas-Chefs "öffnet sich jetzt hoffentlich die konkrete Aussicht auf einen Waffenstillstand in Gaza, auf ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln der Hamas".

Biden seinerseits sagte, der Tod Sinwars sei "ein Moment der Gerechtigkeit". Der Hamas-Chef habe "das Blut von Amerikanern und Israelis, Palästinensern und Deutschen und so vielen anderen" an seinen Händen. Sein Tod sei nun auch "eine Möglichkeit, um den Weg zum Frieden zu beschreiten".

Mit Blick auf den Ukraine-Krieg bekräftigten Scholz, Biden, Macron und Starmer "ihre Entschlossenheit, die Ukraine weiterhin bei ihren Anstrengungen zu unterstützen, einen gerechten und dauerhaften Frieden sicherzustellen".

Scholz warnte allerdings, dass die Nato nicht zur Kriegspartei werden dürfe. "Wir stehen an der Seite der Ukraine - so lange, wie das nötig ist", sagte Scholz. "Gleichzeitig tragen wir Sorge dafür, dass die Nato nicht zur Kriegspartei wird, damit dieser Krieg nicht in eine noch viel größere Katastrophe mündet."

Auch der US-Präsident sagte den "starken und unerschütterlichen" Beistand seines Landes für Kiew zu. Er verwies darauf, dass Berlin und Washington die größten Unterstützer der Ukraine "und ihres Kampfes ums Überleben als freie und unabhängige Nation" seien.

Zugleich räumte Biden ein, dass "der Preis hoch" sei. "Aber dies verblasst im Vergleich zu dem Preis, den es bedeuten würde, in einer Welt zu leben, in der Aggression vorherrscht und in der große Staaten kleinere Staaten angreifen und schikanieren - einfach, weil sie es können."

Biden gilt als Transatlantiker der alten Schule. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump dagegen hatte beispielsweise während seiner früheren Amtszeit als US-Präsident die Nato als "obsolet" bezeichnet, weshalb seine mögliche Rückkehr ins Weiße Haus von vielen europäischen Politikern mit Sorge gesehen wird.

Trumps demokratische Widersacherin Kamala Harris, die derzeit unter Biden Vizepräsidentin ist, verfolgt dagegen ebenfalls einen transatlantischen Ansatz. Die US-Präsidentschaftswahl findet am 5. November statt, am 20. Januar ist dann der Amtsantritt des neuen Staatsoberhaupts.

AFP