Regierungskonsultationen: Deutschland und Polen vereinbaren vertiefte Zusammenarbeit

Regierungschefs Tusk und Merz
Regierungschefs Tusk und Merz
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Deutschland und Polen haben eine noch engere Zusammenarbeit vereinbart. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und der polnische Regierungschef Donald Tusk gaben am Montag im Rahmen der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Berlin die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung zu Verteidigung, Verkehr und Erinnerungspolitik bekannt. Sie sieht unter anderem ein bilaterales Verteidigungsabkommen im nächsten Jahr und den Ausbau von Bahnverbindungen zwischen beiden Ländern vor.

Deutschland wünsche sich Polen als "kraftvollen Partner für ein sicheres, freies und wohlhabendes Europa", sagte Merz. Er bezeichnete die achtseitige Erklärung als "Fundament" für die künftige Zusammenarbeit.

Ein zentrales Thema der Gespräche waren nach Angaben von Merz und Tusk auch die anhaltenden Verhandlungen zur möglichen Beilegung des Ukraine-Kriegs. Während ihres Treffens telefonierten Merz und Tusk demnach mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer.  

Merz unterstrich im Anschluss, die gemeinsame Position Deutschlands und Polens sei, es dürfe keinen "Diktatfrieden über die Köpfe der Ukraine hinweg" und "keine Schwächung oder Spaltung der Europäischen Union und der Nato" geben. In der Ukraine stehe "auch die Einigkeit Europas auf dem Spiel", zwischen Deutsche und Polen dürfe daher "kein Blatt" passen.

Zur künftigen Zusammenarbeit der Streitkräfte beider Länder sagte Merz, hierzu gehöre eine engere Kooperation der Landstreitkräfte beider Länder unter anderem durch "verstärkte gemeinsame Übungen". Das gemeinsame Verteidigungsabkommen der beiden Nato-Partner soll nach der Beschlusserklärung 2026 unterzeichnet werden.

Im Verkehrsbereich werde die grenzüberschreitende Infrastruktur ausgebaut, insbesondere die Eisenbahnverbindung zwischen dem brandenburgischen Angermünde und dem polnischen Stettin. "Schon in wenigen Wochen" werde zudem die Straßenverbindung zwischen Frankfurt an der Oder und dem auf der anderen Flussseite liegenden polnischen Slubice ausgebaut. Zusammenarbeiten wollen beide Länder laut Beschlusstext auch dabei, "die Stabilität der Brennstoffversorgung in der gesamten deutsch-polnischen Grenzregion zu gewährleisten".

Strittig bleibt die Aufarbeitung deutscher Gräueltaten in Polen während des Zweiten Weltkriegs. Merz bekräftigte die langjährige Position Deutschlands, dass die Frage möglicher deutscher Reparationen an Polen seit Jahrzehnten "abschließend beantwortet sei". Tusk wiederholte die polnische Position, dass sein Land nie eine Wiedergutmachung für deutsche Verbrechen erhalten habe. 

"Die Bundesregierung wird Möglichkeiten prüfen, weitere Unterstützung für polnische Opfer der Aggression durch die Nazis und der deutschen Besatzung in Polen im Zeitraum 1939- 1945 zu leisten", heißt es in der gemeinsamen Beschlusserklärung lediglich. Bekräftigt wird aber das deutsche Vorhaben, in Berlin "rasch einen dauerhaften Gedenkort" für die polnischen NS-Opfer einzurichten. Hierzu soll kommendes Jahr ein Architekturwettbewerb angekündigt werden.

Bei der Rückgabe von Kulturgütern, die Polen unrechtmäßig aufgrund von Besatzung oder Krieg genommen worden waren, versuchte die Bundesregierung bei dem Treffen ein Zeichnen zu setzen. Dabei wurden 73 historische Pergamente und das aus Danzig stammende Statuenfragment "Kopf des heiligen Jakobus des Älteren" an Polen zurückgegeben. Polen begrüßte dies und bat um die Rückgabe weiterer solcher Kulturgüter.

Insgesamt würdigte Tusk die weitere Vertiefung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit als "etwas Neues". Warschau und Berlin gingen "in Schlüsselfragen Hand in Hand", insbesondere bei der Sicherung der Nato-Ostflanke gegen mögliche Angriffe Russlands.

Nach Tusks und Merz' Treffen gingen die deutsch-polnischen Regierungskonsultationen mit einem Treffen der Kabinette beider Länder weiter. Unter anderem waren daran die Innen-, Verteidigungs- und Wirtschaftsminister beider Länder beteiligt.

AFP