Die Europäische Union hat mit ihrer Unterstützung für die libysche Küstenwache Beihilfe zu Straftaten geleistet. Sie müsse ihre Unterstützung für der Küstenwache überdenken, forderte Chaloka Bayani, der mit anderen unabhängigen Experten im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats die Lage in Libyen seit 2016 untersucht hat. Die Experten legten am Montag in Genf ihren Bericht vor.
UN-Bericht: EU muss Unterstützung der libyschen Küstenwache überdenken
Die EU müsse sich im Klaren sein, dass in diesem Zusammenhang Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden, sagte Bayani. Er betonte: "Wir sagen nicht, dass die EU diese Straftaten begangen hat, aber ihre Unterstützung ist eine Beihilfe zur Ausführung dieser Straftaten." Das ölreiche Land in Nordafrika liegt auf einer der Hauptrouten von Migranten, die nach Europa flüchten wollen. Es ist nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 in einen Bürgerkrieg versunken.
In ihrem Bericht dokumentieren die Experten weitreichende Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung und vor allem gegen Migrantinnen und Migranten. In den Haftanstalten unter der Kontrolle der Küstenwache und anderer staatlicher Einrichtungen würden Menschen gefoltert, erpresst, vergewaltigt und ermordet, andere würden wie Sklaven verkauft und teils sexuell ausgebeutet – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Libyen liegt auf der Route vieler Migranten auf Weg nach Europa
"Diese Einrichtungen erhielten technische, logistische und finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten, unter anderem für das Abfangen und die Rückführung von Migranten", heißt es im Bericht.
"Über das Meer wollen nur die, die überhaupt nichts zu verlieren haben"

"Ich hatte schon Geld gespart, war fest entschlossen zum Trip nach Europa. Von den Gefahren wusste ich: Als Frau hätte ich unterwegs vergewaltigt werden können. Aber hier in Tamale hatte ich einfach keine Hoffnung mehr. Aminu Munkaila hat mich überzeugt zu bleiben. Seine Organisation AFDOM finanzierte mir eine zweijährige Ausbildung zur Schneiderin und dann eine eigene Nähmaschine. Nur mit Handantrieb, aber egal. Ich arbeite im Freien, im Schatten eines Baums, da gibt es eh keinen Strom. Für eine Werkstatt fehlt mir noch das Geld. Aber ich habe genug Kundschaft.
Auch die Pushbacks – wenn Boote mit Flüchtlingen in Küstennähe abgefangen und zurück nach Libyen beordert werden – seien illegal, weil die Gewässer vor Libyen nicht sicher seien, sagte Bayani. Die Experten hätten Grund zu der Annahme, dass die EU die Küstenwache, technisch, finanziell und mit Ausrüstungsgegenständen wie Booten unterstützt habe, "die im Zusammenhang mit dem Abfangen und Festhalten von Migranten verwendet wurden", heißt es in dem Bericht.
Die Experten waren mehrmals im Land und haben mehr als 400 Interviews geführt und Dokumente ausgewertet.