Im Skandal um sexuellen Missbrauch in katholischen Einrichtungen hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Dienstag dazu aufgerufen, Missbrauchsopfer auch freiwillig zu entschädigen. Kritik gab es an dem vom Familienministerium geplanten Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch. Zugleich meldeten sich auch in Österreich und in den Niederlanden immer mehr Missbrauchsopfer.
Nötig sei ein klares Signal wie etwa das Gespräch über freiwillige Wiedergutmachungen in rechtlich verjährten Fällen, sagte die Justizministerin der "Süddeutschen Zeitung". Freiwillige Leistungen wären "ein Stück Gerechtigkeit, auch wenn sich das erlittene Unrecht materiell nicht aufwiegen lässt". SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der "SZ", symbolische Entschädigungen wären ein "angemessenes Angebot an die Opfer von damals".
Skeptisch äußerte sich Leutheusser-Schnarrenberger zu dem von Familienministerin Kristina Schröder und Bildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) einberufenen Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch. Die konkrete Aufarbeitung der Missbrauchsfälle der katholischen Kirche gehöre bei allen berechtigten Fragen der Prävention in den Vordergrund, sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Mit Blick auf die diskutierte Ausweitung der Verjährungsfristen für Schadenersatz und Schmerzensgeld forderte sie eine Verlängerung der zivilrechtlichen Fristen.
Der Bruder von Papst Benedikt XVI., der frühere Regensburger Domkapellmeister Georg Ratzinger, distanzierte sich von früheren Prügel-Praktiken in der Internatsvorschule der Domspatzen. Das Ausmaß dieser "brachialen Methoden" des damaligen Direktors sei ihm nicht bekannt gewesen, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Der Vatikan zeigte sich derweil überzeugt, dass die katholische Kirche in Deutschland "schnell und entschlossen" auf die Vorwürfe reagiert habe.
In den Niederlanden kündigte die Bischofskonferenz eine "breite, externe und unabhängige" Untersuchung der gemeldeten Missbrauchsfälle an katholischen Einrichtungen an. Der Salesianer-Orden in den Niederlanden hatte bereits in der vergangenen Woche eine Untersuchung über mutmaßliche Missbrauchsfälle in einem Internat nahe Arnheim in der 60er Jahren angekündigt. In den vergangenen Tagen meldeten sich knapp 200 Opfer bei der Organisation Hilfe und Recht.
Auch in Österreich berichteten Medien über eine Reihe neuer Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Unter anderem wurde der Erzabt des Stiftes St. Peter in Salzburg beschuldigt, vor rund 40 Jahren Minderjährige missbraucht zu haben. Auch im Internat eines Privatgymnasiums des Bregenzer Zisterzienser-Klosters soll in den 80er Jahren mindestens ein Schüler sexuell missbraucht worden sein.