Tyre Nichols war nur wenige Meter von dem Haus seiner Mutter in Memphis entfernt, als er in eine folgenschwere Verkehrskontrolle geriet. Der FedEx-Mitarbeiter war am 7. Januar gegen 20.30 Uhr von fünf Polizisten wegen rücksichtslosen Fahrens angehalten worden. Die Kontrolle eskalierte zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung, die damit endete, dass Nichols in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Drei Tage später war er tot.
Die Familie veröffentlichte Fotos, die den jungen Mann mit Schwellungen und Blutergüssen über das ganze Gesicht verteilt in einem Krankenbett liegend zeigen – angeschlossen an ein Beatmungsgerät. "Die Brutalität des Ganzen, das ist das Erschütterndste", sagte Nichols‘ Stiefvater auf einer Pressekonferenz am Montagnachmittag. "Es war einfach so brutal. Das hat er nicht verdient." Das Video des Vorfalls wurde bislang nicht veröffentlicht, jedoch am Montag im Beisein ihrer Anwälte und des Memphis Police Department der Familie gezeigt. Es soll in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. "Wir arbeiten mit der Staatsanwaltschaft zusammen, um den richtigen Zeitpunkt für die Veröffentlichung der Videoaufnahmen zu finden", erklärte der Polizeichef Cerelyn Davis.
FedEx-Mitarbeiter wollte in seiner Mittagspause zu seiner Mutter
Die Polizisten, bei denen es sich ebenso wie bei dem Opfer um Afroamerikaner handelt, wurden inzwischen entlassen. Wegen "übermäßiger Gewaltanwendung" und weil sie es versäumten, einzugreifen und Hilfe zu leisten, was gegen die Vorschriften verstößt. "Die ungeheuerliche Natur dieses Vorfalls spiegelt nicht die gute Arbeit wider, die unsere Beamten jeden Tag mit Integrität leisten", so der Polizeichef. Das Justizministerium und das Tennessee Bureau of Investigation führen getrennte Ermittlungen zu der Verhaftung durch.
Laut Bericht der "Washington Post" und der "New York Times" war Nichols Amateurfotograf und ein Skateboarder, der wie sein Stiefvater in der Nachmittags- und Abendschicht bei FedEx arbeitete. Nach Angaben der Anwälte der Familie kamen sie regelmäßig abends in ihrer Mittagspause nach Hause, um eine Mahlzeit einzunehmen, die von Nichols' Mutter zu Hause gekocht wurde.
Tyre Nichols starb drei Tage später in einem Krankenhaus
Die Polizei erklärte am Tag nach dem Vorfall, es sei an jenem Abend bei der Kontrolle zu einer "Konfrontation" gekommen und der Fahrer sei zu Fuß geflüchtet.
Beim Versuch, den Mann in Gewahrsam zu nehmen, sei es zu einer weiteren "Konfrontation" gekommen. Details wurden nicht genannt. Schließlich sei er festgenommen worden, habe jedoch später über Atemnot geklagt, woraufhin ein Krankenwagen gerufen worden sei. Nichols, der einen vierjährigen Sohn hat, erlag in einem Krankenhaus schließlich seinen Verletzungen.
Anwalt der Familie: "Er war eine menschliche Piñata für diese Polizeibeamten"
Die Anwälte der Familie erklärten, er sei von den Polizisten drei Minuten lang getreten, geschlagen und getasert worden. Das gehe aus den Videoaufnahmen hervor. Laut seiner Familie starb er an Nierenversagen und Herzstillstand.
"Was ich heute auf dem Video gesehen habe, war entsetzlich. Kein Vater und keine Mutter sollte das sehen, was wir heute sehen mussten", sagte sein Stiefvater und fügte hinzu, dass die Familie möchte, dass die Polizisten wegen Mordes ersten Grades angeklagt werden. "Alles, was darunter liegt, werden wir nicht akzeptieren. "Er war wehrlos. Die ganze Zeit. Er war eine menschliche Piñata für diese Polizeibeamten", beschreibt einer der Anwälte den Vorfall. Eine Piñata ist normalerweise eine Figur aus Pappmaché, die mit Süßigkeiten gefüllt ist und auf die Kinder an Geburtstagen mit Stöcken so lange einschlagen, bis sie kaputt geht.
Die Stadtverwaltung hat indes Transparenz in der Sache versprochen. Zwar soll das Filmmaterial von dem Einsatz veröffentlicht werden, aber der Zeitpunkt dafür bleibt unklar. Es könnte mindestens eine weitere Woche dauern, so die Anwälte der Familie. Die Familie hat die Gemeinde aufgefordert, der Polizei Zeit zu geben, um ihre Ermittlungen abzuschließen.

Sehen Sie im Video: Am Montag starb ein Mann in Mannheim nach einer Polizeikontrolle. Der 47-Jährige war kollabiert, nachdem zwei Polizeibeamte auf ihn eingeschlagen hatten.