Großbritannien Angezündet, gesprengt oder gleich ausgegraben

Eine militante Bürgerwehr in Großbritannien macht gegen Radarkameras mobil: Die Geschwindigkeitsmesser werden mit allen Mitteln unschädlich gemacht, im Internet können sich Sympathisanten dann an den kaputten Blitzern ergötzen.

Als die Radarkamera aufblitzte, packte den 32-jährigen Gareth Moore die Wut. Der Handwerker hielt sein Auto an, holte seinen Werkzeugkasten aus dem Kofferraum und schlug mit allem, was er darin finden konnte, auf die Kamera ein. Zum Schluss spritzte er Isolierschaum in das Gehäuse und fuhr davon. Die Festplatte der Radarkamera überlebte jedoch Moores Zerstörungswut. Die Polizei konnte ihn ausfindig machen, und er landete für vier Monate im Gefängnis.

Ein Foto von der malträtierten Kamera wurde auf der Internetseite der Organisation "Motorists Against Detection" (MAD) veröffentlicht. MAD ist eine militante Bürgerwehr, die so viele Radarkameras wie möglich zerstören will. Seit Sommer 2000 seien in Großbritannien mehr als 1000 Kameras "außer Betrieb" gesetzt worden, schätzt die Organisation. Die Behörden haben dazu keine Zahlen, aber diese Art des Vandalismus sei ein immer größer werdendes Problem, gibt ein Sprecher der britischen Verkehrsbehörde zu.

Überwachungskamera für den Blitzer

Die Zerstörungswut mancher Autofahrer scheint keine Grenzen zu kennen. Radarkameras, die entlang britischen Straßen auf Betonpfeilern sitzen, werden in Brand gesteckt, beschossen, in die Luft gesprengt oder gleich vollständig ausgegraben. Einige ziehen eine harmlosere Variante vor und binden den Kameras Müllsäcke um. Die Behörden halten dagegen: Eine Kamera im Norden Londons, die bereits drei Mal in Brand gesteckt wurde, hat jetzt ein feuerfestes Gehäuse, und eine Überwachungskamera steht gleich daneben. Rund 35.000 Pfund (49.000 Euro) habe die neue Anlage gekostet, so ein Mitglied des Stadtrats, "nur wegen solcher Idioten".

Auf der MAD-Internetseite können sich interessierte Autofahrer an den Bildern zerstörter Radarkameras ergötzen. Die Fotorubrik erscheint unter dem Titel "Another One Bites The Dust", (Noch einer beißt in Gras), nach dem Song der britischen Rockgruppe "Queen". MAD wehrt sich gegen den Vorwurf des Vandalismus. Der Sprecher der Organisation ist oft Gast im britischen Fernsehen. Er will jedoch seine Anonymität wahren und tritt unter dem Namen "Captain Gutso" auf. MAD-Mitglieder seien "ganz normale Menschen mit normalen Jobs, die von den übertriebenen Radarkontrollen einfach die Nase voll haben", sagte der Sprecher der Zeitung "Daily Telegraph".

"Vorsicht, Massenverfolgungswaffen"

Die rund 6000 Radarkameras auf Großbritanniens Straßen erfassen jedes Jahr etwa zwei Millionen Autofahrer, die zu schnell unterwegs sind. Ein Verstoß gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung bringt außer einer Geldstrafe drei Strafpunkte ein. Bei zwölf Strafpunkten innerhalb von drei Jahren wird für sechs Monate der Führerschein entzogen. Genau das erkläre die Wut der Autofahrer, argumentiert MAD.

Längst nicht alle lassen ihren Zorn an den Radarkameras aus. MAD hat außer seinen militanten Mitgliedern auch stille Sympathisanten. Die können bei MAD Auto-Aufkleber kaufen, um ihrem Unmut wenigstens etwas Luft zu machen. Die Auswahl ist groß, aber einige beschreiben die Gefühle der Autofahrer offenbar besonders treffend. Verkaufsrenner, so MAD, seien Aufkleber mit der Aufschrift "Vorsicht, Massenverfolgungswaffen", oder "Geldautomat am Straßenrand - nur für Polizeigebrauch".

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Ute Dickerscheid/DPA

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