VG-Wort Pixel

Misshandlungen in Höxter Die grauenhaften Details der Ermittlungen

Auf einem Hof in Höxter muss sich über Jahre blanker Horror abgespielt haben: Ein Paar quälte und misshandelte Frauen, zwei von ihnen bis zum Tod. Die Abgründe könnten noch tiefer gehen, fürchten Ermittler.

"Relativ unverfänglich" seien die Kontaktanzeigen von Wilfried Max W. gewesen, sagt der Bielefelder Kriminalhauptkommissar Ralf Östermann. Dass er eine Frau für eine feste Beziehung suche, habe der heute 46-Jährige darin geschrieben und eine Handynummer beigefügt. Offenbar wählten mehrere Frauen diese Nummer - und zwei von ihnen bezahlten mit dem Leben. Sie wurden misshandelt, bis sie starben, so der Ermittlungsstand im Drama von Höxter.

Es sind grauenerregende Einzelheiten, mit denen die Ermittler am Dienstag an die Öffentlichkeit gehen. Wilfried Max W. und seine Ex-Frau Angelika, die offenbar ein ausführliches Geständnis ablegte, sollen in dem Haus in Höxter-Bosseborn mehrere Frauen festgehalten haben. Bei den Misshandlungen sei es in erster Linie um "Machtausübung" gegangen, betont der Paderborner Oberstaatsanwalt Ralf Meyer.

Überreste des Opfers in Höxter verteilt

Annika E. aus Niedersachsen wird den Ermittlern zufolge das erste Opfer des geschiedenen Paars, das seit der vergangenen Woche in Untersuchungshaft sitzt. Nach einer ersten Kontaktaufnahme aufgrund der Anzeige zieht sie im Sommer 2013 in das Haus ein und heiratet Wilfried Max W. im Herbst desselben Jahres. 

Das Ergebnis war wohl eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung, in der es um Macht, Schmerzen und Unterwerfung gegangen sein soll, wie der leitende Ermittler Ralf Östermann bei einer Pressekonferenz berichtet. Denn mit im Haus lebte auch die Ex-Ehefrau des Verdächtigen. Die 47-Jährige soll das Opfer auf Befehl des Mannes gequält haben.

Am 1. August 2014 stirbt die 33-Jährige - nach "schwersten körperlichen Misshandlungen", wie die Ermittler berichten. Die Leiche legt das mutmaßliche Täterpaar in eine Tiefkühltruhe. Später zerteilen die Verdächtigen den Leichnam nach und nach in kleinere Stücke, die sie dann im Kaminofen des Hauses verbrennen. Die Asche verstreuen die mutmaßlichen Täter auf den Straßen des Orts.

Paar aus Höxter schreibt SMS von Opfer-Handy

Die Mutter von Annika glaubt derweil, dass ihre Tochter noch lebt - schließlich erhält sie mehrere SMS-Nachrichten, die scheinbar von Annika stammen. "Mir geht es gut, macht Euch keine Sorgen", steht darin laut Mordkommissionschef Östermann sinngemäß. Die letzte derartige SMS erhält die Mutter vor zwei Wochen. Absender ist das mutmaßliche Täterpaar.

Auch nach der ersten Tötung sollen der 46-Jährige und seine Ex-Frau immer wieder Frauen per Kontaktanzeige in das etwas heruntergekommene Bauernhaus am Rande des Teutoburger Waldes gelockt haben. Sie sollen sie unterworfen, bestraft und gequält haben. Zumindest anfänglich könnten die Frauen dem zugestimmt haben. Später jedoch könne von Freiwilligkeit keine Rede mehr gewesen sein, betont Oberstaatsanwalt Ralf Meyer. 

Frauen konnten nicht aus Höxter fliehen

Büschelweise seien den Frauen die Haare ausgerissen worden, bei kleinsten Verfehlungen wurden sie an Heizkörper gekettet, geschlagen und getreten, ergänzt Östermann. Nächtelang habe man die Opfer auf dem kalten Boden zurückgelassen. Eine Flucht sei unmöglich gewesen: "Auch wenn sie mal nach draußen gingen, standen sie unter ständiger Kontrolle." Im Ort hätten die beiden Beschuldigten Kontakt zu Nachbarn gemieden. 

Die zweite Frau, deren Tod W. und seine Ex-Frau billigend in Kauf genommen haben sollen, ist die 41-jährige Susanne F., ebenfalls aus Niedersachsen. Sie zieht im vergangenen März nach Höxter und stirbt am 21. April an den Folgen schwerer Misshandlungen. Ihr Tod bringt den Fall ans Licht - F. stirbt im Krankenhaus. Zuvor ruft das mutmaßliche Täterpaar auf der Fahrt in die niedersächsische Heimat der Frau nach einer Autopanne einen Rettungswagen für die Sterbende. Erst dann flog alles auf.

Wurden noch mehr Frauen in Höxter festgehalten?

In dieser Situation seien die mutmaßlichen Täter wohl "überfordert" gewesen, sagt Östermann. Mindestens drei oder vier weitere Frauen, die noch nicht alle identifiziert sind, soll das Paar aus Höxter in dem Haus festgehalten haben. Was ihnen widerfuhr, müssen die Ermittler nun erst noch klären.

Das nun aufgedeckte Ausmaß der Gräueltaten ist selbst für erfahrene Ermittler ein Schock. Seine Mitarbeiter seien "ziemlich mitgenommen", räumt Östermann ein. "Das waren ja Abgründe, die sich da auftaten, und das müssen auch erfahrene Mitarbeiter der Mordkommission erst mal verkraften."

kis DPA AFP

Mehr zum Thema

Newsticker