Die aus einer portugiesischen Ferienanlage entführte Madeleine ist wahrscheinlich das Opfer einer Bande geworden, die Kinder missbraucht. Das teilte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries beim G-8-Innen- und Justizministertreffen in München mit. Nach den Ermittlungen müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Entführern der vierjährige Engländerin "um eine Bande handelt, die Kinder weitergibt zum Missbrauch", sagte Zypries.
Das Mädchen war am 2. Mai aus einer Ferienanlage an der Algarve verschwunden. Die Polizei verdächtigt einen 33-jährigen Briten, hat ihn nach seiner Vernehmung aber nicht verhaftet.
G8 wollen Kinder-Missbrauch bekämpfen
Die sieben führenden Industriestaaten und Russland (G8) wollen den sexuellen Missbrauch von Kindern und die Kinderpornografie massiv bekämpfen. Dafür soll die Zusammenarbeit der Behörden innerhalb und außerhalb der G8 verbessert werden. Auch die Tourismusbranche solle stärker einbezogen werden, betonte Zypries (SPD).
Bis Freitag wollen sich die Minister noch mit der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus, mit der Integration von Zuwanderern und der Steuerung der Migration sowie mit dem Schutz des geistigen Eigentums befassen.
"Wir verurteilen kategorisch diejenigen, die Kinder durch die Herstellung von Darstellungen ihres sexuellen Missbrauchs und das Verteilen oder Sammeln derartiger Darstellungen sexuell ausbeuten", heißt es in einer von den Ministern verabschiedeten Erklärung. Die Verfolgung der Straftäter müsse energisch betrieben werden. Der Handel mit Kinderpornografie sei "ein globales Problem, das erschreckend schnell um sich greift".
Zusammenarbeit mit Tourismusbranche
Zypries strebt eine stärkere Zusammenarbeit mit der Tourismusbranche an. Wenn ein Deutscher in Thailand ein Kind missbrauche, müsse er wissen, dass ihm in Deutschland Anklage und Gefängnis drohten, so Zypries. Die Erfahrung zeige, dass Täter oft dorthin reisen, wo der Verfolgungsdruck am geringsten ist, erklärten die Minister. Deshalb müsse auch der im Ausland begangene Missbrauch konsequent bestraft werden. Rechtlich sei dies in allen G8-Staaten möglich. Wichtig sei, dass am Tatort umfassend, zeitnah und professionell Beweise gesichert würden, um die Strafverfolgung im Heimatland sicherzustellen. Um den Kampf gegen Kinderpornografie noch effektiver zu gestalten, sieht Zypries innerhalb der G8 noch Umsetzungsbedarf. In Deutschland müsse das Schutzalter von 16 auf 18 Jahre hochgesetzt werden.
Besondere Bedeutung maßen die Minister in diesem Zusammenhang dem Internet bei. Der Einsatz von Computern stelle bei diesen Straftaten "nunmehr die Norm dar". Bei Interpol, dessen Generalsekretär Ronald Noble Gast in München war, soll eine Datenbank mit einschlägigen Bildern helfen, Verbrechen aufzuklären. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies darauf hin, dass zehn Prozent jener, die im Internet kinderpornografische Bilder betrachteten, auch Kinder missbrauchen: "Die Nutzer sind auch Täter."
Auch bei dem zweiten wichtigen Thema der Konferenz, der Bekämpfung des Terrorismus, richten die Minister ein besonderes Augenmerk auf das Internet. Schäuble betonte auch hier die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und eines verbesserten Austausches von relevanten Informationen, weil das Internet für terroristische Zwecke missbraucht werde.