Manfred Genditzki Er saß 13 Jahre lang unschuldig im Knast – und soll dafür 100.000 Euro bezahlen

Manfred Genditzki
Justizopfer Manfred Genditzki verklagt den Freistaat Bayern auf mindestens 750.000 Euro
© Sven Simon / Imago Images
Manfred Genditzki saß wegen Mordes jahrelang unschuldig hinter Gittern. Nun steht ihm der nächste harte Kampf bevor: der um Wiedergutmachung für die verlorene Lebenszeit.

Ein Justizopfer verklagt den Freistaat Bayern auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 750.000 Euro. Doch gleichzeitig fordert der Staat von ihm Geld zurück.

Was absurd klingt, hat eine traurige Historie. Schonungslos wie selten ging die Justiz im Fall von Manfred Genditzki mit sich selbst ins Gericht. Die Richterin am Landgericht München I sprach von einer "Kumulation von Fehlleistungen" und stellte fest, dass "Kontrollmechanismen hier nicht funktioniert haben", als sie im Juli 2023 in einem Wiederaufnahmeverfahren seinen Freispruch verkündete.

Selbst die Staatsanwaltschaft hatte in dem Verfahren einen Freispruch gefordert. Genditzki war 2010 im Prozess um den angeblichen "Badewannen-Mord" von Rottach-Egern zu lebenslanger Haft verurteilt worden – obwohl er die Tat gar nicht begangen hatte. Mehr als 13 Jahre lang saß er unschuldig im Gefängnis, ehe er im Sommer 2022 freikam.

Manfred Genditzki soll Kost und Logis im Gefängnis bezahlen

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, soll der 64-Jährige nun 100.000 Euro an die Staatskasse zurückzahlen. Darin enthalten sind mehr als 50.000 Euro für Unterkunft und Verpflegung in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim, wo Genditzki einsaß. Hinzu kommen fast 49.000 Euro, die Genditzki während seiner Haftzeit mit Arbeit im Gefängnis verdient habe.

Genditzki hat bereits eine Entschädigung von 368.700 Euro erhalten. Das entspricht den gesetzlich festgelegten 75 Euro pro Tag. Insgesamt hatte er 4916 Tage hinter Gittern gesessen. "Das ist verflixt wenig für 14 verlorene Jahre", sagte seine Anwältin Regina Rick der Nachrichtenagentur DPA. Ihrem Mandanten gehe es gesundheitlich nicht gut, er leide immer noch unter Albträumen.

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Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München sagte, Genditzki habe in zwei weiteren Zahlungen noch einmal rund 451.600 Euro überwiesen bekommen. Insgesamt habe er also rund 820.000 Euro erhalten. Genditzki und seine Anwältin fordern allerdings ein zusätzliches Schmerzensgeld.

In solchen Fällen werden nach derzeit gültiger Rechtslage die Ausgaben des Staates für Kost und Logis während der Haftzeit verrechnet. Auf die Unterbringung auf Staatskosten hätte ihr Mandant jedoch "gern verzichtet", argumentiert Anwältin Rick

Ex-Minister Buschmann wollte Gesetz überarbeiten

Der ehemalige Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) überarbeiten und dabei auch diese Regelung ändern wollen. Das Vorgehen sei "für viele Betroffene nicht nachvollziehbar", heißt es in einem entsprechenden Eckpunktepapier aus dem Bundesjustizministerium: "Sie empfinden den Abzug von Kosten für Unterkunft und Verpflegung während ihrer Inhaftierung von der ihnen insgesamt zustehenden Entschädigung als ungerecht." Dies sei "im Kern nachvollziehbar". Nach dem Ende der Ampel-Koalition und Buschmanns Rücktritt als Justizminister wird die Gesetzesnovelle aber wohl nicht mehr umgesetzt werden.

Manfred Genditzki wurde vorgeworfen, 2008 eine alte Frau in ihrer Badewanne ertränkt zu haben. Genditzki hatte in dem Haus als Hausmeister gearbeitet. Nachdem neue Gutachten gezeigt hatten, dass die Frau bei einem Unfall starb und nicht Opfer eines Verbrechens wurde, wurde er aus dem Gefängnis entlassen und der Prozess neu aufgerollt. "Einen Grund zum Jubeln habe ich nicht, 14 Jahre sind weg", erklärte Genditzki, nachdem seine Unschuld offiziell festgestellt worden war.

epp

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