Der italienischen Polizei ist mit der Verhaftung des berüchtigten Mafia-Bosses Michele Zagaria ein Schlag gegen die neapolitanische Camorra geglückt. Der Chef des Clans der Casalesi, einer Gruppierung innerhalb der Camorra, wurde am Mittwoch in seinem Versteck in einem 50 Quadratmeter großen Bunker im süditalienischen Casapesenna bei Neapel gefasst. Regierungschef Mario Monti sprach von einem "schönen Tag".
Der 53-jährige Zagaria war einer der meistgesuchten und gefährlichsten Verbrecher Italiens und wurde in Abwesenheit bereits dreimal zu lebenslanger Haft verurteilt. Um den Mafia-Boss in seinem Geheimbunker zu fassen, mussten sich die Beamten durch eine dicke Decke aus Stahlbeton unter einem Wohnhaus in Casapesenna graben. "Ihr habt gewonnen. Der Staat hat gewonnen", sagte Zagaria den Ermittlern laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA bei seiner Festnahme. Insgesamt waren 150 Beamte an dem Einsatz beteiligt.
Innenministerin Anna Maria Cancellieri sprach von einem "großen Erfolg für den Staat" und einem Schlag nicht nur gegen die Casalesi, sondern gegen die gesamte neapolitanische Camorra. Die Abgeordnete und Anti-Mafia-Expertin Laura Garavini wies darauf hin, dass der Gesuchte ausgerechnet in der Hochburg der Casalesi und an seinem letzten bekannten Wohnort verhaftet wurde. Es müsse untersucht werden, welchen Schutz der Gangsterboss in den vergangenen Jahren möglicherweise genossen habe.
Für Monti ist es ein schöner Tag
Italiens neuer Ministerpräsident Monti sprach von einem "schönen Tag für Kampanien", die Region, in der Neapel liegt, "und für alle ehrlichen Menschen". Die Verhaftung des Mafia-Bosses sei außerdem eine "Ermutigung für alle, die gegen das organisierte Verbrechen im Land kämpfen". Der Generalstaatsanwalt von Neapel, Giovandomenico Lepore, dankte den Beamten für ihren Einsatz. "Mir wurde diese Verhaftung versprochen und das Versprechen wurde gehalten", erklärte der Staatsanwalt, der am Freitag in Rente geht.
Dem wegen seines asymmetrischen Gesichts auch "Capastorta" ("Krummgesicht") genannten Zagaria wird Mord, Erpressung, Raub und die Bildung einer Mafia-Vereinigung vorgeworfen. Zur Camorra gehören dutzende Familienclans, darunter die Casalesi. Diese haben ihren Sitz in und um Neapel, verfügen jedoch über ein internationales Netzwerk, mit dem sie jährlich geschätzte 30 Milliarden Euro durch Drogenhandel, Müllentsorgung, im Baugewerbe und durch Warenfälschungen umsetzen.
Der Casalesi-Clan wurde auch durch den Enthüllungsroman "Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra" von Roberto Saviano bekannt, der auch verfilmt wurde. Saviano sprach am Mittwoch ebenfalls von einem "schönen Tag". Der Kampf gegen das organisierte Verbrechen sei trotz des Schlags aber "noch lang", erklärte er.