Crime Story Im Namen des Vaters

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  • von Tim Struby
Er war ein Kämpfer. Und der Sohn eines Killers. Er stand vor der Wahl: Boxen oder Töten?
Im Namen des Vaters
© Nils Ericson

Es sollte eine leichte Nummer werden. Reingehen, den jungen Typen umhauen, die Drogen schnappen, und wieder raus. Nichts, was Jarrod Tillinghast nicht schon dutzendmal getan hätte. Die Sache war über Wochen eingefädelt worden. Einer seiner Kumpels hatte erst ein Pfund Gras gekauft. Dann zwei. Jetzt hatte er 30 bestellt. Für 150 000 Dollar. Nur hatte diesmal keiner vor, dafür zu bezahlen. Der junge Dealer gehörte nicht zum Kartell. Er war ein weißer Kleinstadttrottel aus Johnston. Diese Nummer war eine Freifahrt.

Gegen 18 Uhr stieg Jarrod in den Honda Prelude seines Freundes Rodney. Es war ein stickiger Sommertag und Jarrod trug ein weißes Muskelshirt, Shorts und Flipflops. In seinem Hosenbund steckte eine braune Papiertüte voller Zeitungsstreifen in der Größe von 100-Dollar-Scheinen. Er war nervös, nicht ängstlich, aber sehr wachsam. Genauso fühlte er sich, wenn er in den Boxring stieg. Er wusste nicht, wie der Überfall ablaufen würde. Keiner war wie der andere. Aber eines war sicher. Er würde nicht ohne die Drogen rausgehen.

Erschienen in stern Crime 30/2020. Dieser Text erschien erstmals im Dezember 2017 im "Victory Journal". Aus dem Amerikanischen von Anuschka Tomat