An der Sägefeldschule in Ulm gibt es sie jetzt: eine Toilette für alle. Wurde früher noch zwischen WCs für Jungen und Mädchen unterschieden, gibt es an der Grund- und Werkrealschule heute nur noch eine gemeinsame Toilette für alle älteren Schüler:innen, wie Schulleiterin Cornelia Euchner erklärt. Und das funktioniere außerordentlich gut. Was an der Ulmer Schule seit diesem Frühjahr zum Alltag gehört, ist abgesehen von Ausnahmen an den meisten Schulen in Deutschland noch kein Thema. Wird es demnächst eins? Die Entwicklungen in einigen Bundesländern sprechen dafür.
Anlass für die sogenannte Unisex-Toilette in Ulm war der "desolate Zustand" der bisherigen Schulklos, wie Euchner sagt. Diese wurden ständig beschädigt und lagen zudem auf dem Schulhof, wo sie auch für Fremde zugänglich waren. Für einen Neubau kam schnell der Vorschlag für eine "Toilette für alle" auf. Auch wenn es zunächst Bedenken bei Lehrer:innen wie Schüler:innen gegeben habe, hätten sich alle schnell daran gewöhnt, sagt Euchner.
Keine Pissoirs mehr
Die neue Toilette verfügt nur noch über Kabinen, die Pissoirs sind passé. Die Waschbecken sind durch bodentiefe Fenster gut einsehbar. Außerhalb der Pausen kommen die Schüler:innen nur mit einem digitalen Chip herein.
Mona aus der Klasse 7a sagt, inzwischen habe sie sich daran gewöhnt, dass Jungs mit im Raum seien. Ibrahim aus der 9a gefällt vor allem, dass das WC schön neu ist. Schulleiterin Euchner sieht in der neuen Toilette auch eine Wertschätzung der Schüler:innen. Da nun alle denselben Toiletten-Raum nutzten, gerate eine Trennung nach Geschlechtern zudem in den Hintergrund und eine mögliche Diskriminierung komme so gar nicht erst auf. Für die Grundschüler:innen, ein Drittel der rund 300 Schüler:innen, gibt es noch eine weitere Toilette – getrennt nach Jungs und Mädchen.
Der Vorsitzende des Landeselternbeirats in Baden-Württemberg, Michael Mittelstaedt, hält sogenannte Unisex-Toiletten an Schulen durchaus für einen "pragmatischen Ansatz". Bei einem anstehenden Neubau seien sie eine sinnvolle und wirtschaftliche Lösung.
Schüler:innen fordern immer häufiger Unisex-Toiletten
Weit verbreitet sind die geschlechtsneutralen Toiletten an deutschen Schulen bislang aber nicht. Am Goethe-Gymnasium in Freiburg gebe es seit Jahresanfang eine Unisex-Toilette, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. In Tübingen liegt der Stadt ein Antrag vor, sie an allen weiterführenden Schulen einzurichten. Auch Berlin hat ebenfalls schon Erfahrungen mit Unisex-Toiletten gemacht.
In Nordrhein-Westfalen werden Forderungen nach Unisex-Toiletten lauter. Aktuell gebe es noch eher wenige in NRW, sagt Laura Körner, Vorstand LandesschülerInnenvertretung auf Anfrage. Aber der Wunsch von Seiten der Schüler:innen nehme "immer weiter zu".

Schulleiterin überzeugt, dass die Gesellschaft sich in Richtung der Toilette für alle bewege
Kein Thema sind die geschlechtsneutralen Klos bislang etwa in Sachsen, wie das Landesamt für Schule und Bildung mitteilt. Auch in Bayern sieht Henrike Paede vom Landesvorsitz des Bayerischen Elternverbands bei der breiten Mehrheit kein Interesse an dem Thema. Sie vermute auch nur eine geringe Verbreitung.
Doch die Ulmer Schulleiterin Euchner ist überzeugt, dass die Gesellschaft sich in Richtung der Toilette für alle bewege. Und an ihrer Schule sei sie nun eben schon da.