Die Rechte von Frauen und Mädchen haben nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in den vergangenen zwölf Monaten deutliche Einschnitte erlitten. "Die Krisen der Welt haben keine gleichmäßigen oder gerechten Auswirkungen", sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, am Dienstag, dem internationalen Frauentag, einer Mitteilung zufolge. "Die überproportionalen Auswirkungen auf die Rechte von Frauen und Mädchen sind gut belegt, auch wenn sie noch immer vernachlässigt oder sogar ignoriert werden."
Weltfrauentag: Frauenrechten haben sich laut Amnesty deutlich verschlechtert
Als besonders einschneidendes Beispiel nennt die Organisation die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, wo Frauen und Mädchen trotz mutiger Proteste im ganzen Land nun als "Bürgerinnen zweiter Klasse" behandelt würden, denen etwa das Recht auf Bildung entzogen werde.
Auch die Corona-Pandemie habe sich negativ ausgewirkt: So seien die Fälle von häuslicher Gewalt angestiegen, und die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt habe Frauen überdurchschnittlich betroffen. Weitere Verschlechterungen habe es in den USA gegeben, wo es 2021 mehr Restriktionen bei Abtreibungsrechten gegeben habe als in jedem anderen Jahr zuvor. Auch der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen habe die Rechte von Frauen und Mädchen in der Türkei verschlechtert.
Schon im letzten Jahr warnte Amnesty vor Gewalt gegen Frauen in der Ukraine
Bereits in den vergangenen Jahren habe Amnesty International in den Konfliktgebieten in der Ostukraine dokumentiert, dass es vermehrt Fälle von Gewalt gegen Frauen gegeben habe, hieß es. Man rechne damit, dass sich dieses Muster angesichts des Krieges nun auf das gesamte Land ausweiten werde.
Wie Männer es den Frauen schon immer schwer gemacht haben

Die perfekte Frau kennzeichnete im beginnenden 19. Jahrhundert Tugenden wie Sittsamkeit, Fleiß, Gehorsam und mütterliche Fürsorge. Ihr Wirkungskreis war das Haus, die des Mannes die Öffentlichkeit. Es galt damals als wissenschaftlich belegt, dass Frauen aufgrund ihres "natürlichen Geschlechtscharakters" nur über ein eingeschränktes Urteilsvermögen verfügten. Als Person könne die Frau daher nicht eigenverantwortlich handeln und bräuchte stets einen männlichen Vormund. Die Französische Revolution und die Aufklärung begannen jedoch auch auf Deutschland abzustrahlen. Das aufgeklärte Bild vom Menschen wurde zum Geburtshelfer der ersten organisierten Frauenbewegung.
"Keine Gesellschaft kann es sich leisten oder es tolerieren, dass die Würde von mehr als der Hälfte der Bevölkerung beschnitten wird", sagte Callamard. "Es kann keine Entschuldigung dafür geben, keine gerechte und faire Politik für Frauen und Mädchen zu machen.