Während in Sri Lanka die Bauarbeiten an den acht Schulen teilweise schon weit fortgeschritten sind, und die meisten Gebäude voraussichtlich zum Ende des Sommers fertig sein werden, feiern Schüler und Lehrer in der Provinz Calang an der Westküste Acehs gerade die Grundsteinlegung an drei neuen Schulen. Auf dem Bauplatz der Grundschule bietet nicht einmal eine Kokospalme Schatten, denn der Tsunami hat außer sämtlichen Gebäuden der Distrikthauptstadt Calang auch fast alle Bäume mit sich gerissen.
In eine Staubwolke gehüllt rumpelt ein Lastwagen mit rund 40 Kindern in rot-weißen Schuluniformen auf das ehemalige Gelände einer Telefongesellschaft. Aufgeregt hüpfen die Grundschüler von der Ladefläche unter ein Sonnendach, wo schon einige Würdenträger der Stadt auf Plastikstühlen sitzen.
"Endlich kann es losgehen. Nach vielen Monaten Vorbereitung ist der erste Spatenstich ein wichtiges Zeichen für alle Beteiligten", sagt Ulrich Kaunath, zuständiger Projektleiter von der Deutschen Welthungerhilfe. Immer wieder hatte sich der Baubeginn verzögert.
Als die bürokratischen Hürden überwunden waren, ging der Kampf um die Auftragsvergabe an die Bauunternehmen los. "Viele Vorgänge dauern so lang, weil wir immer Transparenz garantieren müssen, vor allem für unsere Spender", sagt Cor de Wolf, der Manager sämtlicher Projekte der Deutschen Welthungerhilfe in Indonesien.
Streng nach Vorschrift verlief die Ausschreibung, sechs Unternehmen rutschten am Ende in die engere Wahl. Aus Calang war allerdings kein brauchbares Angebot dabei: Die örtliche Baumafia hatte sich Insider-Informationen besorgt und Preisdumping betrieben. Die lokalen Baubarone fuhren mit Schlägertrupps vor und zündeten Teile der Bauplätze an.
Schulkinder in engen Baracken und undichten Zelten
Die Schulkinder müssen unterdessen immer noch in engen Baracken oder undichten Zelten lernen. Am schlimmsten sieht es an der Islamischen Mittelschule Panga aus. Eine halbe Stunde Autofahrt und drei Behelfsbrücken südlich von Calang stehen zwei zerfledderte Zelte notdürftig mit blauen Plastikplanen abgedeckt. Vor einer Handvoll Bänken baumelt die Tafel schief an einer Stange. "Die Zelte werden den nächsten Sturm nicht überstehen", sagt Hilfslehrerin Sofia Wirda, "wenn nicht bald etwas passiert, werden die Schüler auf andere Schulen wechseln, wo sie zumindest trocken bleiben."
Angesichts dieser Lage wagte die Deutsche Welthungerhilfe den Angriff nach vorn und wandte sich an die lokalen Behörden und die Polizei. Die Drohungen hörten auf. Schließlich fand sich auch ein Bauunternehmer, der trotz der Umstände ein gutes Angebot ablieferte und aufgrund seines professionellen Auftretens den Zuschlag erhielt: Pak Mukhtar aus dem Osten Acehs verspricht, die Schulen wie geplant in einem halben Jahr fertig zu stellen.
Ainal Mardhiah, seit einem Monat Rektorin der Grundschule in Calang, kann es kaum noch erwarten: "Wir teilen uns die provisorischen Holzbaracken mit zwei anderen Grundschulen. Es ist unerträglich heiß und staubig." Anhand der Absteckungen lässt sie sich genau erklären, wo die einzelnen Klassenräume gebaut werden. "Hoffentlich wird das neue Gebäude bald fertig", sagt sie. Ebenso schwierig ist die Situation an der Islamischen Mittelschule Calang, nur ein paar hundert Meter entfernt. Hier lernen Halbwüchsige in engen Baracken. Immerhin teilen sich inzwischen nur noch zwei Schüler ein Buch - keine Selbstverständlichkeit in den Schulen in Aceh. Auch ein Volleyballnetz samt Ball gibt es. Vor allem die Jungs toben ihren Frust beim Spielen so heraus.
Nach dem ersten Spatenstich in die harte Erde, auf der die künftige Grundschule entstehen soll, beten die Versammelten, dass Allah ihnen eine bessere Zukunft schenke. "Mit unseren Schulen tuen wir, was in unseren Möglichkeiten liegt", so Welthungerhilfe-Manager de Wolf den versammelten Funktionären in perfektem Indonesisch. "Denn diese Kinder sind die Zukunft von Aceh."