Nach dem schweren Erdbeben in Pakistan zeichnen sich immer verheerende Ausmaße der Katastrophe ab. Alleine in dem von Pakistan kontrollierten Teil Kaschmirs seien etwa 30.000 Menschen ums Leben gekommen, sagte der regionale Kommunikationsminister, Tarik Faruk, am Sonntag dem privaten Fernsehsender Geo TV.
Darüber hinaus gebe es tausende von Menschen, deren Schicksal zunächst noch unklar gewesen sei. Pakistanische Regierungsvertreter sprachen unterdessen von landesweit mehr als 20.000 Todesopfern. Die Ausmaße des schwersten Erdbebens seit 100 Jahren in der Region sind noch nicht absehbar. Mindestens 41.000 Menschen seien verletzt worden.
Das Beben hatte die Stärke von 7,6 und zerstörte weite Landstriche im Norden Pakistans und Indiens. In den ersten 24 Stunden nach dem Hauptbeben hätten mindestens 20 Nachbeben der Stärke 5 bis 6 die pakistanische Katastrophenregion heimgesucht, sagte ein führender pakistanischer Meteorologe.
Seismologe
Mit deutlichen Schäden durch das schwere Erdbeben in Südasien muss nach Ansicht des Leiters der Seismologie am Geo- Forschungsinstitut in Berlin, Jochen Zschau, noch in 200 bis 300 Kilometer um das Epizentrum gerechnet werden. "Das Beben hat einen Bruch von 100 Kilometer Länge aufgeworfen", sagte Zschau am Samstag. "Längs dieses Bruchs können überall schlimme Dinge passiert sein." Auch wenn das Epizentrum in einer kaum besiedelten Gebirgsregion liege, könnten doch in den entfernteren Dörfern Tausende von Menschen zu Tode gekommen sein.
Die südasiatische Region ist besonders oft von Erdbeben betroffen, da sie an der Nahtstelle zweier geologischer Platten liege. "Die indische Platte schiebt sich hier mit einer Geschwindigkeit von acht Zentimetern pro Jahr auf den asiatischen Kontinent", so der Forscher. Das Beben liege an der Nordspitze der indischen Platte. Dort türme sich in Asien das Hindukusch-Gebirge auf.
Militärsprecher Sultan sagte weiter, bisher sei es weder der Armee noch den Helfern gelungen, alle entlegenen Gebiete zu erreichen. Viele Dörfer und selbst kleine Städte seien regelrecht von der Landkarte verschwunden. In der Stadt Muzafarabad in Kaschmir starben rund 500 Kinder, als sie unter dem Dach ihrer Schule begraben wurden. In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad liefen unterdessen unter Hochdruck die Bemühungen weiter, Verschüttete unter den Trümmern eines zehnstöckigen Wohnhauses zu finden.
Sultan sprach von "beispielloser Zerstörung" durch das Beben. Das gesamte Land stehe vor einer "riesigen Herausforderung". Inzwischen sei der größte Katastropheneinsatz der pakistanischen Streitkräfte seit Gründung des Staates im Jahr 1947 angelaufen.
Das Beben, das auch Afghanistan erschüttert hatte, unterbrach oder zerstörte Straßenverbindungen in die am schwersten betroffenen Regionen Pakistans. Telefonleitungen blieben unterbrochen. Heftige Regenfälle erschwerten zudem die Bemühungen der Helfer.
Hunderttausende seien obdachlos geworden, sagte Omar Abdi von der UN-Kinderhilfsorganisation Unicef. Das Militär leiste sehr gute Arbeit bei den Rettungsoperationen, so Abdi.
Priorität für die Helfer hatte auch die Versorgung der Obdachlosen mit Notunterkünften, Medikamenten, Nahrungsmitteln und Wasser. Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, haben inzwischen Hilfe angeboten. Die Vereinten Nationen entsandten ein Team zur Koordinierung des Katastropheneinsatzes.
Im indischen Teil Kaschmirs stieg die Zahl der Todesopfer am Sonntag auf mindestens 325. Nach Angaben der Behörden wurden im nördlichen Bundesstaat Jammu und Kaschmir außerdem rund 2000 Menschen verletzt. Am schwersten betroffen wurde die Stadt Uri nahe der indisch-pakistanischen Grenze, wo mindestens 227 Menschen starben.