Hurrikan "Ivan" tobt und tötet

Hurrikan "Ivan" tobt über den Südstaaten der USA und fordert mindestens 23 Menschenleben. Präsident Bush verhängt den Notstand über vier Bundesstaaten, die Baumwollernte ist gefährdet.

Der mächtige Hurrikan "Ivan" hat bei seinem verheerenden Zug über die Küste der US-Südstaaten mindestens 23 Menschen in den Tod gerissen. Einen Tag nach dem er auf die Golfküste getroffen war, wurde am Freitag deutlich, dass er seinen Namen "Ivan der Schreckliche" zu Recht trug. Die Menschen wurden von aufgewirbelten Wohnwagen erschlagen, sie starben in einstürzenden Häusern und ertranken in den Fluten - die Verwüstungen waren für die Überlebenden erschütternd. Besonders am Ostrand des Sturmgebiets in Nordflorida stand in manchen Siedlungen kaum noch ein Stein auf dem anderen. In Pensacola lagen Trümmerberge in den Straßen. Die Sturmböen hatten mehrere Stockwerke hohe Löcher in Häuserfassaden gerissen. Einwohner berichteten von Flutwellen, die bis ins zweite Stockwerk schlugen. Besonders am Ostrand des Sturmgebiets in Nordflorida stand in manchen Siedlungen kaum noch ein Stein auf dem anderen.

Neun Milliarden Dollar Schaden

Präsident George W. Bush wird sich am Sonntag in Alabama selbst ein Bild von der Zerstörung machen. Er hatte Teile von Alabama, Mississippi, Louisiana und Florida zu Notstandsgebieten erklärt, was Bundesmittel für die Hilfseinsätze freimacht. Die US-Spezialfirma Risk Management Solutions (RMS) bezifferte den Gesamtschaden in den USA auf bis zu sieben Milliarden Dollar. Hinzu kämen ein bis zwei Milliarden Dollar versicherte Schäden in der Karibik, wo der Wirbelsturm mindesten 68 Menschen in den Tod riss. Damit ist "Ivan" der verheerendste Hurrikan seit "Andrew", der die Versicherungen 1992 in Florida 20 Milliarden Dollar kostete. Die Ölpreise zogen auf den Weltmärkten an. Im Golf von Mexiko, wo 6,5 Prozent des US-Öl-Verbrauchs produziert werden, mussten die Ölarbeiter von den Plattformen evakuiert werden. Der Ausstoß musste um 75 Prozent gedrosselt werden. In New York wurden Oktoberkontrakte für 44,13 Dollar pro Barrel gehandelt, 55 Cents mehr als am Vortag.

Totalausfall der Baumwollernte

In den Südstaaten rechneten Baumwoll- und Erdnussfarmer mit einen Totalausfall der Ernte. "Die Baumwollefarmer hat es zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt getroffen", sagte William Birgsong, Sprecher eines Bauernverbandes in Alabama. Es seien erst fünf Prozent der Ernte eingebracht gewesen. Die Erdnussfarmer fürchten, dass ihre Ernte in den überschwemmten Böden verrotten könnte.

Der Sturm zog am Donnerstag geschwächt in Richtung Nordosten. In der Nacht peitschte der Wind mit bis zu 200 Kilometern in der Stunde über das Land. Auf dem Weg nach Norden schwächten sich die Böen auf rund 120 Kilometer in der Stunde ab.

800 Meter Land verschluckt

Schwere Überschwemmungen meldete der Ort Gulf Shores. "Der Golf von Mexiko hat praktisch 800 Meter Land geschluckt", berichtete ein Reporter vor Ort. Die Straßen standen bis zu einem Meter unter Wasser. In Mobile, wo das Auge des Sturms auf Land traf, standen die Straßen ebenfalls unter Wasser. Entlang der Küste waren über hunderte Kilometer stundenlang teils mehr als fünf Meter hohe Wellen an den Strand geschlagen. An der Küste von Alabama suchten Tierhüter in den überschwemmten Straßen von Gulf Shores nach Alligator "Chucky", der aus dem Zoo entkommen war. Das 450 Kilogramm schwere und vier Meter lange Tier sei ohne seine regelmäßigen Mahlzeiten gefährlich, warnte Zoodirektorin Patty Hall. Ein kleinerer Alligator musste am Donnerstag erschossen werden, weil er die Straßen unsicher machte. Von "Chucky" fehlte aber jede Spur.

New Orleans blieb vom Schlimmsten verschont

Das Wasser schwappte durch die aufgepeitschte See zwar in mehrere Straßen von New Orleans, doch entgegen den Erwartungen hielten sich die Niederschläge in Grenzen. Die Einwohner hatten ihre Türen zuvor mit tausenden Sandsäcken geschützt. New Orleans liegt weitgehend unter dem Meeresspiegel. Eine hohe Flutwelle hätte verheerende Folgen gehabt.

Warten auf Jeanne und Karl

Für Florida war dies der dritte verheerende Hurrikan innerhalb von vier Wochen. "Charley" und "Frances" hatten die Ost- und Westküste des Bundesstaates heimgesucht. "Ivan hatte die Kraft von Charley und die Größe von Frances", sagte die stellvertretende Gouverneurin Toni Jennings. "Wir fühlen mit allen, die viel verloren haben", sagte Gouverneur Jeb Bush am Donnerstag. Doch nach dem dritten schweren Hurrikan binnen vier Wochen richteten sich alle Augen im Hurrikan-Zentrum von Miami schon auf das nächste Tief: Der tropische Sturm "Jeanne" streifte die Dominikanische Republik und bedrohte Teile der Bahamas. Bleibt "Jeanne" auf Kurs, könnte der Sturm Anfang kommender Woche South oder North Carolina erreichen. Mitten im Atlantik zwischen den Kapverdischen Inseln und der nordbrasilianischen Küste braute sich außerdem der tropische Sturm "Karl" zusammen.

AP · DPA · Reuters
Reuters/AP/DPA

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