Kältewelle nach "Sandy" New York ringt um Normalität

Keine Heizung, kein Strom: Temperaturen knapp über Null Grad machen Tausenden New Yorkern zu schaffen. Währenddessen versuchen die Behörden, die Stimmabgabe für die US-Wahl zu organisieren.

Eine Woche nach Wirbelsturm "Sandy" ringen die New Yorker noch immer um die Rückkehr zur Normalität. Am Montag sollte zwar in den meisten Schulen der Ostküsten-Metropole wieder der Unterricht beginnen, doch zugleich mussten Zehntausende Menschen weiter ohne Heizung und Strom oder gar ein eigenes Dach über den Kopf auskommen. Auch der öffentliche Nahverkehr lief längst noch nicht wieder wie gewohnt. Weil Mitte der Woche eine Kältefront mit Sturm und neuen Regenfällen erwartet wurde, drohte sich die Lage im Großraum des "Big Apple" sogar noch einmal zu verschärfen. Die Zahl der Toten als Folge des Wirbelsturms stieg auf 110. Allein 47 Todesopfer seien in New York zu beklagen, berichtete der Nachrichtensender CNN in der Nacht zum Montag. Unmittelbar vor der Präsidentenwahl am Dienstag arbeiteten die Behörden zudem daran, angesichts zerstörter Wahllokale die Stimmabgabe anders zu organisieren.

Weil Wind und Wassermassen viele Wahllokale unbrauchbar gemacht haben, dürfen US-Bürger in New Jersey ihre Stimme ausnahmsweise per E-Mail abgeben. In New York wurden mehr als 140.000 Stimmberechtigte anderen Wahlbüros zugewiesen. Sowohl der Bundessstaat New York mit seiner gleichnamigen Finanzmetropole als auch der benachbarte Bundesstaat New Jersey gelten den Demokraten als sicher. Insgesamt steuert deren Amtsinhaber Barack Obama jüngsten Umfragen zufolge aber auf ein Kopf-an-Kopf-Finale mit Herausforderer Mitt Romney zu.

Zwar erntete Obama selbst von Prominenz in Romneys republikanischer Partei Lob für sein Krisenmanagement. Doch die Schwierigkeiten der im Ausland als Wahrzeichen Amerikas geltenden Stadt New York, die Folgen des Sturms in den Griff zu bekommen, werfen Beobachtern zufolge auch ein Schlaglicht auf den desolaten Zustand der US-Infrastruktur.

650.000 New Yorker noch immer ohne Strom

Mit Beginn der Wahlwoche waren im Großraum New York weiter zwei Millionen Haushalte und Geschäfte ohne Strom. Allein in der Metropole selbst, die nach weit verbreitetem Image nie schläft, saßen noch 650.000 Menschen in ihren Wohnungen im Dunkeln und in der Kälte. Dem New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg zufolge konnten bis zu 40.000 Menschen noch nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. Vor den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen, Treibstoff wurde rationiert. Mit der herannahenden Kaltfront wuchs die Sorge, dass auch Heizöl immer knapper wird. Die New Yorker Behörden warnten die Einwohner vor andauernden Problemen im Nahverkehr und vor der Benzinknappheit. Die Situation werde sich "nicht in Monaten und auch nicht in einem Jahr" vollständig normalisieren, sagte der Chef der Katastrophenschutzbehörde Fema, Craig Fugate.

Besonders in die Kritik gerieten die Versorgungsunternehmen wegen der Probleme mit dem Strom- und Heizungsnetz. "Das Stromnetz hier draußen ist wirklich alt und klapprig", sagte ein Feuerwehrmann aus Westhampton Beach im Süden von Long Island. Der Vize-Bürgermeister der im Norden von Long Island und noch immer im Dunkeln liegenden Gemeinde Flower Hill, Tab Hauser, forderte unterirdische Stromkabel und Metallmasten statt der üblichen Überlandleitungen und Strommasten aus Holz. "Jedes Jahr wird nur ein Pflaster drübergeklebt", kritisiert Hauser. "Das kann nächstes Jahr wieder passieren und nichts ändert sich."

DPA · Reuters
kave/Reuters/DPA

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