Flug 571 der uruguayischen Luftwaffe ("Fuerza Aérea Uruguaya") stürzte am 13. Oktober 1972 in den Anden ab. An Bord befanden sich neben fünf Crew-Mitgliedern 40 Spieler und Betreuer eines uruguayischen Rugby-Teams sowie deren Angehörige. Sie waren auf dem Weg von Montevideo nach Santiago de Chile, als sich durch einen Navigationsfehler ein schreckliches Unglück ereignete: Die Piloten tauchten zu früh ab, das Flugzeug streifte mehrmals das Gebirge, wurde schwer beschädigt und stürzte ab.
Zwölf Menschen starben direkt, 33 überlebten den Absturz. Sie fanden sich bei Schnee und eisiger Kälte auf einer Höhe von 3800 Metern wieder. Fünf weitere starben in der ersten Nacht bei Temperaturen von 30 bis 40 Grad unter dem Gefrierpunkt. Der Rest kämpfte verzweifelt ums Überleben – und griff dabei in der Not zu allen Mitteln.
Überlebenden des Flugzeugabsturzes galten als tot
Zunächst konnten sich die Überlebenden noch von den dürftigen Vorräten, die sich im Flugzeug befanden, ernähren. Sie hofften auf Rettung, mussten aber am achten Tag über ein Radio, das noch funktionierte, erfahren, dass die Suche nach ihnen eingestellt worden war.
Offiziell galten sie nun als tot – und waren in der lebensfeindlichen Umgebung komplett auf sich allein gestellt. An Nahrungsmitteln waren nur noch einige Tafeln Schokolade, ein paar Kekse und etliche Flaschen Wein vorhanden. Trotz strenger Rationierung waren auch diese schnell aufgebraucht.
So brachte der Medizinstudent Roberto Canessa einen unerhörten Vorschlag ein: Kannibalismus. Die Überlebenden sollten ihre toten Mitpassagiere essen, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden. Eine Entscheidung, die alles andere als leicht fiel: "Mein einziges Problem war, dass dies die Leichen meiner Freunde waren. Ich musste später zu ihren Familien gehen, um es ihnen zu erklären", erinnerte sich Canessa 2016 in der "Daily Mail".
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Kannibalismus als letztes Mittel zum Überleben
Dennoch blieb den meisten am Ende keine andere Wahl. Einige brachten es zwar nicht übers Herz, die Leichen zu essen, die meisten aber taten es. Und auch nach 50 Jahren bereuen die Überlebenden ihre Entscheidung nicht. "In gewisser Weise waren unsere Freunde einige der ersten Organspender der Welt – sie halfen, uns zu ernähren und uns am Leben zu erhalten", erzählte der heute 70-jährige Ramon Sabella zum 50. Jahrestag des Unglücks der "Sunday Times".
Mit Glas wurden Stücke aus dem Fleisch herausgeschnitten. Diese Art der Ernährung sei nicht angenehm gewesen, so Sabella: "Natürlich war die Vorstellung, Menschenfleisch zu essen, schrecklich, abstoßend. Es war schwer, es in den Mund zu nehmen. Aber wir haben uns daran gewöhnt."
Die Überlebenden hätten sich gegenseitig die Erlaubnis gegeben, dass die anderen sie essen dürften, sollten sie sterben. Damit wollten sie ihr Gewissen erleichtern. Sechs Leichen wurden zudem anfangs nicht angetastet aus Rücksicht auf deren überlebende Angehörige. Doch auch einige von ihnen wurden schließlich verspeist, es blieben am Ende nur zwei Leichen übrig.

Rettung nach mehr als zwei Monaten
Mehr als zwei Monate verbrachten die Überlebenden des Absturzes in den Bergen. Durch eine Lawine wurden zehn weitere Menschen getötet. Immer wieder machten sich Überlebende auf den Weg, um nach Hilfe zu suchen. Auf einer dieser Expeditionen wurden Canessa und ein anderer Mann schließlich von einem einheimischen Hirten gefunden.
Schließlich fanden Hubschrauber der chilenischen Luftwaffe die Unglücksstelle. 16 Überlebende konnten gerettet werden. Noch heute spricht man vom "Wunder der Anden".
Quelle: "Sunday Times" / "Daily Mail"