Kommentar Erhobenen Hauptes gegen feigen Terror

New York, Madrid, Istanbul - in London ist es jetzt wieder geschehen. Terroristen haben uns vor Augen geführt, wie verletzlich wir trotz aller Sicherheitsmaßnahmen bleiben. Die Betroffenen und Opfer verdienen Mitgefühl - London verdient Respekt.

Es ist eine abscheulicher Anschlagsserie. Skrupellose Terroristen, vermutlich mit al-Kaida-Hintergrund, haben in London mehr als 30 Menschen getötet und so ihren sinnlosen, fanatischen Feldzug gegen den Westen fortgesetzt.

Es könnte jeden treffen

New York, Madrid, Istanbul und nun London. Wieder haben Terroristen uns demonstriert, wie verletzlich unsere offenen Gesellschaften sind, wie leicht man uns tödlich treffen kann. Menschen im Alltag, in der U-Bahn, im Bus, auf dem Weg zur Arbeit. Wieder haben die Terroristen es auf so genannte "weiche Ziele" abgesehen. Jeder von uns befindet sich täglich zigmal in vergleichbaren Situationen - ob in Paris, Warschau oder Berlin. Der 11. September 2001 machte das jäh deutlich, Madrid brachte dieses Bewusstsein um die Schutzlosigkeit nach Europa. Wir sind verletzlich, und selbst die schärfsten staatlichen Sicherheitsmaßnahmen werden das nicht verhindern können.

Aus dem Schockzustand gelöst

Dennoch. London hat auch gezeigt, dass wir uns aus jenem Schock-Zustand gelöst haben, der uns lähmte, nach den Anschlägen im September 2001, vielleicht auch noch nach denen im März 2004. Die Briten waren gut vorbereitet auf diese Anschläge. Glaubt man den ersten Berichten über die Reaktionen der Sicherheitskräfte, so haben sie schnell und professionell reagiert, auf diese Weise vielleicht Leben gerettet. Das mindert den Schrecken und die Trauer nicht, macht den Terror nicht erträglicher, aber es bedeutet dennoch einen Fortschritt, weil wir zeigen können, dass wir immer noch handeln können. Die Katastrophen-Übungen, die in London abgehalten worden sind, haben Wirkung gezeigt. Zwar können auch Millionen von Übungen den Terrorismus nicht an der Wurzel packen, aber sie können zumindest dessen zynische Zerstörungskraft eindämmen. Wenn wir auch die Bedrohung nicht völlig verschwinden lassen können, so ist es der beste Weg, ihr entschlossen, pragmatisch und mit offenem Visier zu begegnen. London hat offenbar, so gut es eben geht, reagiert. Es ist nun ein wichtiges Symbol, dass diese Stadt die Olympischen Spiele 2012 - Ausdruck einer offenen, toleranten Welt - ausrichten wird.

Überzeugende Reaktionen aus Schottland

Aber auch die Reaktion der in Schottland versammelten Staats- und Regierungschefs war überzeugend. Der Terror rückt immer näher, doch der Tenor lautet: Es darf nicht dazu kommen, dass Terroristen unser Leben diktieren. Dieser Schulterschluß war wichtig - ungeachtet dessen, ob es sich um Gegner oder Befürworter des Irak-Krieges handelte. Der Terror ist ein Angriff auf ein gemeinsames gesellschaftliches Ideal. Und trotz aller berechtigten Kritik an US-Präsident George W. Bush, an diesem Tag musste man ihm zustimmen. Der Kluft zwischen demokratischer Staatenwelt und Terroristen wurde an diesem Tag grell deutlich: Während sich die Politiker zumindest darum bemühten, Menschen in Afrika zu helfen, töteten die Terroristen unerbittlich Zivilisten.

Das Menschenmögliche tun

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Recht, wenn er sagt, die Politik müsse weiter versuchen, das Menschenmögliche zu tun, um derartige Anschläge zu verhindern. Das Menschenmögliche tun, das bedeutet: national, europäisch aber auch transatlantisch zusammenzuarbeiten. Das Menschenmögliche tun, das bedeutet, sich dem Terror durch eine verbesserte Polizei- und Geheimdienst-Arbeit entgegen zu stellen, transnationale Datennetze zu schaffen. Das Menschenmögliche tun, das bedeutet aber auch, die Katastrophe zu proben, sich darauf einzustellen - gerade als Ausrichtungsland der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Schröder hat aber auch Recht, wenn er sagt, dass man diese Art von Terror nie wird völlig ausschließen können. Damit müssen wir leben, damit müssen wir rechnen. Die Briten haben das seit Jahren getan. Nun haben sie auf beeindruckende Art und Weise reagiert, als die Terroristen wieder zuschlugen. Den Trauernden hilft das, natürlich, nicht.

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