Neun Monate nach der Seilbahntragödie von Sölden in Tirol, bei der neun deutsche Skiläufer zu Tode kamen, beginnt am 22. Juni in Innsbruck das gerichtliche Nachspiel der Tragödie. Am 5. September 2005 hatte ein Lastenhubschrauber beim Überfliegen der Schwarze-Schneid-Seilbahn einen 700 Kilogramm schweren Betonkübel verloren. Der Kübel stürzte auf das Transportseil der Bahn und riss eine Gondel mit mehreren Skifahrern mit in die Tiefe. Aus einer anderen Kabine wurden sechs Skiläufer geschleudert.
Bei den Todesopfern handelte es sich um sechs Kinder im Alter von zwölf bis 14 Jahren aus Baden-Württemberg und ihre drei Betreuer vom Deutschen Skiverband aus Bayern. Sieben Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Einige der Opfer waren so entstellt, dass sie nur durch DNA-Analysen identifiziert werden konnten. Die Tragödie löste in ganz Deutschland Erschütterung aus.
Urteil schon am ersten Verhandlungstag
Der 35-jährige Pilot des Helikopters erlitt einen Nervenzusammenbruch. Er muss sich nun wegen "fahrlässiger Gemeingefährdung" vor Gericht verantworten. Die Höchststrafe für dieses Vergehen: Fünf Jahre Gefängnis. Das Urteil wird noch am ersten Verhandlungstag erwartet.
Nach den Ermittlungen der Innsbrucker Staatsanwaltschaft war die Tragödie Ergebnis einer unglücklichen Verquickung von Fahrlässigkeit, möglichem technischen Versagen und Zufall.
Schon kurz nach dem Unglück war klar, dass der Haken, an dem der schwere Kübel hing, geöffnet, aber nicht beschädigt war. Der Pilot beteuerte immer wieder, den Auslösemechanismus am Steuerknüppel des Hubschraubers während des Überflugs nicht gedrückt zu haben.
Die Staatsanwaltschaft ließ deshalb den Helikopter an der Technischen Universität Wien untersuchen. Dort fanden Experten eine mögliche Ursache: Durch die häufige Betätigung des Auslöseschalters sei es zum Abrieb eines feinen Metallspans gekommen, der einen elektrischen Impuls ausgelöst und damit den Haken geöffnet haben könnte.
Doch für die Staatsanwaltschaft ist weiter der Pilot der Hauptverantwortliche. Er habe gegen die Flugvorschriften verstoßen, weil er mit der schweren Last immer wieder quer über die Seilbahn geflogen sei. Deutsche Augenzeugen wie der Karlsruher Skitrainer Marcel Knoch, berichteten zudem, der Hubschrauber sei mit dem schwingenden Kübel bedenklich niedrig über die Seilbahn geflogen.
Die Nebenkläger, die vor Gericht die Interessen der Angehörigen vertreten, sind "verbittert", dass nur der Pilot angeklagt ist. Für die Hinterbliebenen seien die Geschäftsführer der Gletscherbahnen, die Betriebsleiter, der Chef des Hubschrauberunternehmens sowie der für die Bauarbeiten zuständige Baumeister "weitere Verantwortliche für den Seilbahnunfall", hieß es in einer Mitteilung. Schließlich geht es für die Hinterbliebenen nicht nur um ihr Recht, sondern auch um angemessene Entschädigungen für den Verlust ihrer Angehörigen.