Nach dem Transrapid-Unglück beginnen Experten nun mit der Auswertung der sichergestellten Unterlagen und des aufgezeichneten Funkverkehrs. Nach bisherigen Erkenntnissen hat wahrscheinlich menschliches Versagen in der Leitstelle den Unfall mit 23 Toten und 10 Verletzten ausgelöst. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Osnabrück gibt es keine Hinweise auf einen technischen Defekt. Alles deute darauf hin, dass die Mitarbeiter der Leitstelle dem Transrapid am Freitagmorgen freie Fahrt gaben, obwohl ein Werkstattwagen auf der Strecke stand.
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Die Magnetschwebebahn war mit 170 Stundenkilometern in den Werkstattwagen gerast und erst nach knapp 400 Metern zum Stillstand gekommen. Weitere Gutachter sollen an der Unfallstelle Untersuchungen vornehmen, teilte die Polizei mit. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung in 23 Fällen. Die beiden unter Schock stehenden Fahrdienstleiter konnte die Staatsanwaltschaft noch nicht befragen.
Bei dem Unglück kamen nach Angaben der Polizei 21 Männer und zwei Frauen ums Leben. Die Todesopfer waren zwischen 40 und 66 Jahren alt. Unter ihnen waren zehn Mitarbeiter des RWE-Regionalcenters Nordhorn sowie zwei US-Bürger. Die Amerikaner hatten als Gäste eines Judoclubs aus Lathen an der Fahrt teilgenommen. Sechs Männer und vier Frauen hatten das Unglück verletzt überlebt.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bestätigte nach einem Krisentreffen mit der Betreibergesellschaft und dem Hersteller-Konsortium in Berlin, dass es bei dem Unglück erhebliche Sicherheitslücken gegeben habe. Dennoch wollen Verkehrspolitiker der schwarz-roten Koalition an den geplanten Transrapid-Projekten in Bayern und China festhalten. Tiefensee und Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) kündigten ein gemeinsam geplantes und finanziertes Gutachten an, das Erkenntnisse aus der Unglücksfahrt für andere Transrapid-Vorhaben nutzbar machen soll.
Die Vertreter der Industrie hätten erhebliche Sicherheitslücken eingeräumt, berichtete Tiefensee. Nach ihrer Ansicht hätte ein solcher Unfall bei der geplanten Magnetschwebebahn in München nicht passieren können. "Das Sicherheitskonzept für den Transrapid in München ist auf einem anderen technischen Niveau wie bei einer Teststrecke", sagte Huber. "Es ist ein integriertes Sicherheitssystem bereits vorgesehen, in dem alle Fahrzeuge eingebunden sind, die sich auf dieser Strecke bewegen."
"Müssen von menschlichem Versagen ausgehen"
"Wir müssen bei dem Unglück von menschlichem Versagen und einer Verkettung unglücklicher Umstände ausgehen", sagte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). "Es ist voreilig, die Technologie in Frage zu stellen", sagte er. Der Transrapid sei 25 Jahre lang störungsfrei gelaufen.
Der SPD- Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexperte Rainer Fornahl sagte, es sei "völliger Unsinn zu fordern, nun die Finger vom Transrapid zu lassen". Der Unfall dürfe nicht zur Folge haben, die ausgefeilte Magnetschwebe-Technologie zu den Akten zu legen.
Ob und wann der Betrieb auf der Teststrecke im Emsland wieder aufgenommen wird, ist offen. Die Staatsanwaltschaft hat die komplette Unfallstelle abgesperrt und beschlagnahmt. Der zertrümmerte Transrapid steht noch immer auf den Stelzen hoch oben über dem Boden.