Mühelos beugt sich Elefantendame Tess nach vorn, stützt sich auf die Vorderbeine und hebt ihren fast 3000 Kilogramm schweren Körper in die Luft. Der Handstand ist Bestandteil eines täglichen Übungsprogramms, das der Zoo Houston seinen zwölf Elefanten anbietet. Die Reihe an statischen und dynamischen Dehnübungen "stimuliert ihr Gehirn und ihren Körper – ähnlich wie Yoga", ließ der Tierpark kürzlich in einer Pressmitteilung verlauten. Die Videos, auf denen die Dickhäuter ihre Übungen absolvieren, sind längst ein TikTok-Hit.
Kristen Windle, die Elefantenmanagerin des Zoos erklärte dem "Houston Chronicle", dass die "Yoga-Einheiten" wichtig seien, um die Gelenke der Tiere zu lockern. In freier Wildbahn wandern die Tiere bis zu zehn Kilometer am Tag. Im Zoo hingegen verbringen sie die den Großteil des Tages stehend.
Elefanten werden schon vier Monate nach ihrer Geburt trainiert
In dem Tierpark im US-Bundesstaat Texas werden die Elefanten von klein auf an die körperlichen Übungen gewöhnt. Im Alter von vier Monaten beginnen die Babys mit ihrem "Yoga-Training", indem sie mit einem an einem Besenstiel befestigten Tennisball spielen. Zuvor sei es jedoch wichtig, dass die Tiere Vertrauen zu den Menschen fassen: Die Tierpfleger legen den Elefanten regelmäßig ihre Hände auf, wobei sie die Tiere immer wieder mit ihrem Namen ansprechen. "Wir möchten, dass sie sich wohlfühlen, wenn wir sie berühren", sagt Kristen Windle dem "Houston Chronicle". Später nutzt das Zoo-Personal die Stange mit dem Tennisball, um den Tieren die verschiedenen Bewegungen beizubringen. Dabei lernen die Elefanten, das jeweilige Körperteil zu bewegen, das die Pfleger mit dem Tennisball berühren, indem sie zum Beispiel das Bein zur Seite strecken oder anheben.
Wie die "Washington Post" berichtet, entwickeln die Elefanten in den nächsten Monaten fortgeschrittenere Bewegungen. Darunter auch den "herabschauenden Hund", eine der bekanntesten Yoga-Haltungen, bei der Füße und Hände auf dem Boden verankert und der Rücken nach oben gestreckt wird. Mit der Zeit gehorchen die Elefanten den Gesten und den verbalen Hinweisen der Pfleger, sodass die Trainer aufhören, den Stock zu benutzen. Im Rahmen ihrer Übungen heben die Elefanten ihre Vorder- und Hinterfüße, balancieren auf zwei Füßen und strecken sich, während sie auf dem Boden liegen.
Yoga-Übungen ahmen natürliche Bewegungsabläufe nach
Die meisten Übungen ahmen Bewegungen nach, die sie in der Wildnis ausführen würden, berichtet der "Houston Chronicle". Die Elefantenmanagerin erklärt der Zeitung: "Sie klettern ständig, legen sich hin, stehen auf und werfen Dinge auf ihren Rücken. Die Dinge, die wir tun, sind Teil ihrer natürlichen Bewegungen." Die "Yoga-Einheiten" sind freiwillig, betont die Zoo-Mitarbeiterin: "Wenn sie sich nicht teilnehmen wollen oder aufhören wollen, können sie einfach weggehen." Die Belohnung – eine Banane, ein Stück Vollkornbrot oder eine Süßkartoffel als Abwechslung zur Ernährung aus Heu und Rinde – scheint aber genug Motivation für die Tiere, um an dem Dehn-Programm teilzunehmen.
Die Tierpfleger gehen auf jeden Elefanten individuell ein. Während der zweijährige Teddy noch lernt, seine Körperteile zu identifizieren, übt die 40-jährige Tess täglich ihren Handstand. "Sie ist definitiv unsere Flexibelste", sagt Kristen Windle dem "Houston Chronicle". Der älteste Elefant des Zoos, der 54-jährige Methai, der unter Arthritis leidet und sich deshalb langsamer und schwerfälliger bewegt als der Rest seiner Herde, erhält zusätzliche Übungen, um sein Gehen und Schlafen zu verbessern.
Das Dehn-Programm der Dickhäuter dauert zwischen 30 Sekunden und fünf Minuten und gehört zur ihrer täglichen Gesundheitsuntersuchung. "Sie lernen diese Verhaltensweisen, damit wir ihre allgemeine Gesundheit überwachen können", erklärt Kristen Windle der "Washington Post". Während die Elefanten ihre Übungen durchführen, beobachtet Windle die Bewegungen und die Körper. Die Tierpfleger können "einen vollständigen Blick auf ihren gesamten Körper, vom Rumpf bis zum Schwanz, werfen und ihre Bewegungsfreiheit überprüfen", heißt es in der Mitteilung des Zoos.
Zwölf Tiere, die vermutlich kaum jemand kennt

Mit dem Training können sie demnach genau feststellen, wie es den Tieren geht. "In diesen wichtigen Sitzungen können wir viel über unsere Elefanten lernen", betont die Elefantenmanagerin. Und auch die Tiere können dabei einiges lernen. Denn die Übungen sollen die Dickhäuter auch geistig fit halten. "Wir möchten, dass sie ständig neue Dinge lernen", sagt Kristen Windle dem "Housten Chronicle". "Sie sind wirklich schlau und wollen ständig arbeiten."
Quellen: "Houston Chronicle", Houston Zoo, "Washington Post", "Süddeutsche Zeitung"