Bald beginnt das neue Semester, vor allem auf die Studienanfänger prasselt nun eine Menge ein: Die meisten sind zum ersten Mal von zu Hause weg. Neben der neuen Stadt gilt es, neue Freunde kennenzulernen und den Alltag zu organisieren.
Gerade an großen Unis ist das nicht immer leicht: Der Campus ist riesig, die Hörsäle sind voll, die Seminare belegt. Und in diesem Jahr dürfte es vielerorts noch mal eine Nummer chaotischer werden, denn in Bayern und Niedersachsen stürmen die doppelten Abiturjahrgänge die Universitäten. Für Studienanfänger gilt daher mehr denn je: Kühlen Kopf bewahren und am besten von Anfang an ein paar Tipps beherzigen, damit aus Freiheit nicht schnell Frust wird.
Schon vor der Einschreibung sei es ratsam sich zu überlegen, welcher Studiertyp man ist, rät Christiane Mateus von der Studienberatung der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München. "Fühle ich mich an einer Massenuni wohl oder habe ich es lieber klein und übersichtlich?" Wer lieber jeden Tag bekannte Gesichter sieht, sollte sich daher vielleicht besser für eine Universität wie Bamberg mit rund 10.000 Studenten entscheiden. Zum Vergleich: An der LMU München, nach der Fernuniversität Hagen die größte Uni Deutschlands, sind mehr als viermal so viele Studenten eingeschrieben.
Wer diese Überlegungen jetzt nicht mehr anstellen kann, weil er sich schon eingeschrieben hat, kann trotzdem nach einem oder zwei Semestern reflektieren: Entspricht das Lehrangebot den Vorstellungen? Und passt die Stadt?
Von Anfang an aktiv einbringen
Denn auch die Auswahl der Stadt sollte eigentlich schon von Anfang an in die Überlegungen mit einfließen, sagt Mateus. "Es ist wichtig, dass ich mich dort zu Hause fühle und meine Batterien aufladen kann. Nur dann gelingt es mir auch, gute Leistungen zu bringen." Eine große Uni verleite zwar eher dazu, sich einfach treiben zu lassen und in der anonymen Masse abzutauchen. Doch Mateus rät Studenten dazu, von Anfang an aktiv zu sein. "Wer Fragen hat, sollte sich auch trauen, diese zu stellen."
Das sieht auch der Bernd Nixdorff von der psychologischen Beratung der Universität Hamburg so. Sein Rat an Studenten: "Gerade in den ersten Wochen sollten sie sich neben den Veranstaltungen auch Zeit nehmen und mit anderen in die Mensa gehen oder gemeinsam einen Kaffee trinken. Das ist unheimlich wichtig, um soziale Netzwerke zu bilden." Gut sei es auch, sich über das Fach hinaus zu engagieren - zum Beispiel in politischen Hochschulgruppen, Fachschaften oder beim Unisport. Für den Psychologen ist klar: "Man fährt besser, wenn man möglichst gut sozial integriert ist."
So sei es auch leichter, den berüchtigten Uni-Bluff zu durchschauen - Situationen, die wohl jeder kennt. Während man selbst die Panik in sich aufsteigen fühlt, scheinen alle anderen ganz gelassen und besser informiert. Dabei wird oftmals nur Unwissen mit einem schlauen Gesicht kaschiert. "Wenn ich isoliert bin und mich nicht mit anderen austausche, kann da schnell Panik aufkommen", sagt Nixdorff.
Um solchen Gefühlen gleich zu Beginn entgegenzuwirken, ist neben einem tragfähigen Netzwerk auch etwas anderes ganz wichtig: Informationen aufsaugen, wo es nur geht. Wer nicht an den Orientierungswochen und Einführungsveranstaltungen teilnimmt, verpasst nicht nur eine gute Gelegenheit, um Freunde zu finden - auch für das Studium sind diese Veranstaltungen natürlich sinnvoll und vielfach sogar verpflichtend. "Dort lernen die Erstsemester ihren Fachbereich kennen", sagt Psychologe Nixdorff.
Boxenstopp an Weihnachten
Doch was tun, wenn das Studium zur Jagd nach Credits und zum rastlosen Abarbeiten von Seminaren und Vorlesungen wird? Gerade Bachelor-Studenten, die meist in sechs Semestern ihr Studium durchziehen müssen, sollten sich laut Studienberaterin Mateus auch Zeit zum Reflektieren nehmen. "Dabei ist es hilfreich, sich eine Frist zu setzen und dann zu schauen, ob alles so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe." Weihnachten bietet sich dazu zum Beispiel an. "In diesem Zeitraum zeichnen sich auch die ersten Krisen ab", sagt Nixdorff.
Wichtig auch: Die richtige Balance aus Lernen und Freizeit. "Wenn ich mich in die Erschöpfung lerne und vergesse, mir einen Ausgleich zu organisieren, dann werde ich das auf Dauer nicht durchhalten", sagt der Psychologe. Er beobachtet bei Studenten immer häufiger den Hang zur Selbstüberforderung und zum Perfektionismus. "Ein Student ist nie fertig, er kann immer noch ein Buch lesen", sagt Nixdorff. Umso wichtiger sei es, Grenzen zu ziehen, auch in Prüfungszeiten. Nach einer Stunde Lernzeit rät er, eine Pause einzulegen und sich danach wieder mit klarem Kopf an den Schreibtisch zu setzen.
Durststrecken durchhalten
Doch was, wenn das Motivationstief so gar nicht vergehen will? "Dann sollte ich nachforschen: Habe ich die innere Balance verloren? Fehlt etwas? Bin ich richtig?", sagt der Hamburger Psychologe. Aber eines sollten frustrierte Studenten nicht vergessen: "Durststrecken gibt es in jedem Studium. Dann ist es wichtig, das höhere Ziel im Auge zu behalten und mir noch einmal klarzumachen, warum ich das alles auf mich nehme."
Wer allein nicht mehr weiterkommt, kann sich Hilfe suchen. Auch wenn an der Uni vieles neu und unübersichtlich ist, finden sich dort eine Menge Angebote und Ansprechpartner: "Rat können sich Studenten zum Beispiel beim Fachstudienberater, bei der zentralen Studienberatung, der Studierendenvertretung oder auch beim Studentenwerk holen", sagt Mateus.
Und nicht zuletzt kann es ja auch einfach Spaß machen, den Unikosmos zu entdecken. "Das Studium ist eine ungeheuer spannende Zeit", sagt Nixdorff. "Man kann täglich Türen aufstoßen und Neues entdecken. Aber als Student muss ich auch offen dafür sein."