Chinesischer Flussdelfin Baiji Suche nach Leben in dreckiger Brühe

Er ist eines der seltensten Säugetiere der Welt: der chinesische Flussdelfin Baiji. Nun brechen Forscher auf zum Jangtse, um die letzten Tiere der Art zu retten. Womöglich kommen sie zu spät.

Noch in den 80er Jahren tummelten sich im längsten Fluss Chinas, dem Jangtse, mehrere hundert Süßwasserdelfine. Baiji nennen die Chinesen die bedrohten Tiere mit dem schnabelförmigen langen Maul. Heute steht es schlecht um den Baiji - wie schlecht genau, dass weiß allerdings niemand. Nun wird eine Expedition internationaler Experten den Jangtse abfahren und die verbliebenen Exemplare zählen. Sechs Wochen lang sind die Spezialisten unterwegs. Am Ende werden sie eine eindeutige Aussage treffen: Entweder erklären sie den chinesischen Flussdelfin für ausgestorben oder sie sehen für ihn noch eine Überlebenschance.

"Symbol für die bedrohten Süßwassergebiete"

"Wenn der Panda als Symbol für die Zerstörung von Chinas Wäldern steht, dann ist der Baiji ein Symbol für die bedrohten Süßwassergebiete", sagt der Schweizer August Pfluger, Kopf der Stiftung baiji.org. Chinas "Mutterfluss" ist zur dreckigen Brühe geworden - überfischt, vergiftet und von immer mehr Schiffen befahren. Pfluger ist kein typischer Naturschützer. Er ist Partner in einer PR-Agentur. 1998 fuhr der 45-Jährige selbst bei einer Zählung mit und hat damals einen der seltenen Baijis gesehen. Seither setzt er sich für den Erhalt der Art ein.

Für die neue Tour hat er ein Team von rund 30 Wal- und Delfinexperten aus den USA, China, der Schweiz und anderen Ländern angeheuert. Nach und nach werden sie mit Feldstechern und Unterwassermikrofonen den Jangtse absuchen. Rund 3000 Kilometer fährt die Gruppe auf zwei Schiffen den Fluss ab - von der Stadt Wuhan in Zentralchina hinab bis nach Yichang, dann hinauf bis nach Schanghai, wo der Jangtse in den Ozean mündet.

Wenn die Experten auf Baijis stoßen, sollen diese in ein Reservat umgesiedelt werden. Der Hoffnungsort für die Säugetiere ist ein in den 70er Jahren vom Jangtse abgetrennter Nebenarm. Abseits des verdreckten Hauptstroms mit tausenden Fischerbooten, sollen sich die Tiere wieder vermehren. Das Gebiet liegt nahe der Stadt Shishou in der Provinz Hubei im Osten des Landes.

Womöglich jagen die Forscher ein Phantom

Im Wasser wölben sich die Rücken einer Gruppe Glattschweinswale an der Oberfläche. Die Säuger sind Verwandte des Baiji. Auch sie werden auf der Expedition gezählt, denn auch sie sind bedroht. Naturschützern zufolge leben von ihnen noch weniger als 1000 Exemplare. Beim Baiji spricht die offizielle Statistik heute von "weniger als hundert" Tieren. Der Baiji gilt unter Wissenschaftlern damit als eines der seltensten Säugetiere der Erde. Womöglich jagen die Forscher ein Phantom: Zuletzt wurde einer dieser Delfine im Sommer 2005 von einem Fischer gesichtet.

Für Pfluger hat das Verschwinden der Art Symbolcharakter: "Ich glaube, der Baiji ist ein Flaggschiff", sagt er. "Zuerst trifft es den Baiji, dann den Glattschweinswal. Und schließlich den Menschen. Der Kampf um den Delfin ist deshalb auch ein Kampf um saubere Wasserressourcen." Das Gebiet um den Jangtse ist mit mehr als 350 Millionen Menschen eines der am dichtesten besiedelten der Welt. Wasser ist hier ein kostbares Gut. Die Mündung des drittlängsten Stroms der Welt wurde kürzlich zur "toten Zone" erklärt. Was dies bedeutet, werden Schweizer Forscher auf der Expedition untersuchen. Sie wollen auch zahlreiche Wasserproben nehmen.

Konserviert in einer Vitrine

Ob der chinesische Flussdelfin auch als Art so enden wird wie der letzte seiner Vertreter in Gefangenschaft, wollen die Experten nun herausfinden. Der Flussdelfin namens Qiqi kam 1980 schwer verletzt in das Delfinarium des Hydrobiologischen Instituts der chinesischen Wissenschaftsakademie in Wuhan. Dort lebte er noch mehr als zwanzig Jahre, bis er im Juli 2002 an Altersschwäche starb. Noch heute ist Qiqi zu sehen - konserviert in einer Vitrine.

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Till Fähnders/DPA

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