HEUSCHRECKENPLAGE Kampf mit Besen und Spaten

Mit Besen und Spaten und einer kleinen Menge Pestiziden kämpfen die verarmten Bauern im Norden Afghanistans gegen eine biblische Plage - Heuschrecken.

Mit Besen und Spaten und einer kleinen Menge Pestiziden kämpfen die verarmten Bauern im Norden Afghanistans gegen eine biblische Plage - Heuschrecken. 70 Prozent der Ernte in den nördlichen Provinzen Baghlan, Samangan und Balch sind bedroht. »Wir arbeiten vom Morgen bis zum Abend, aber viele Heuschrecken dringen trotzdem in die Felder vor«, sagt Nurandin, ein Landarbeiter, »sie wachsen, und bald werden sie fliegen können.«

Schlimmste Plage seit 30 Jahren

Der Region, deren Bewohner nach mehr als 20 Jahren Krieg und einer verheerenden Dürre ohnehin schon verzweifelt sind, droht die schlimmste Heuschreckenplage seit 30 Jahren. Die ersten Schwärme kamen schon im vergangenen Herbst und legten ihre Eier auf den Bergwiesen ab, wenige Zentimeter unter der Grasnarbe.

Zuschlagen, bevor sie fliegen

Nun schlüpfen die jungen Heuschrecken. »Wir müssen hart zuschlagen, wenn sie in diesem verletzlichen Stadium sind, bevor sie fliegen können«, sagt Richard China von den Vereinten Nationen in Kabul, »wenn sie erst einmal in der Luft sind, ist es extrem schwierig, sie unter Kontrolle zu halten.« Die Felder, auf denen das junge Getreide steht, würden ihnen dann zum Opfer fallen.

»Suche-und-Zerstöre«-Aktion

Die UN und die örtlichen Behörden haben deshalb die noch nicht geflohenen Einwohner der Region zu einer »Suche-und-Zerstöre«-Aktion aufgerufen. Die Bauern und Hirten halten die Wiesen im Auge. Mit dem Spaten heben sie lange Gräben aus. Wenn die jungen Heuschrecken aus der Erde kommen und ihre Wanderung zu den Feldern beginnen, treiben die Leute sie mit Besen in die Gräben und töten sie dort.

Ob das effektiv genug ist, um eine Katastrophe zu verhindern, weiß niemand. Eine Heuschreckenplage wäre ein weiterer schwerer Schlag für die Dörfer. Vor allem der Krieg, erst der gegen die sowjetischen Besatzungstruppen und dann der unter den Mudschahedin und gegen die Taliban, hat die meisten Einwohner zur Flucht gezwungen.

»Hier lebten einmal 585 Familien, jetzt sind es nur noch 50«, sagt Nurandin über seinen Heimatbezirk, »einige kamen zurück nach der Flucht der Taliban, aber wenn sie die kahle Erde sehen und von den Heuschrecken hören, gehen sie wieder.«

Nach Kriegen ausgezehrtes Land

Die Massenflucht hat die Landwirtschaft schwer getroffen. Denn sie ist auf ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem angewiesen. »Hier wuchs alles was wir brauchten«, sagt Nurandin, »Wassermelonen, Weizen und Reis. Es gab auch viele Obstbäume. Jetzt ist nichts mehr übrig.«

Nur die Ärmsten blieben

Die Bewässerungskanäle konnten wegen des Kriegs von den wenigen Leuten, die daheim blieben, nicht gewartet werden. »Wer Geld hatte, ist nach Iran oder Pakistan geflohen, und nur die ärmsten Leute blieben zurück«, sagt Nurandin.

Das führt jetzt dazu, dass nur noch auf wenigen Äckern etwas wächst und sich kaum jemand Pestizide leisten kann. Die Vereinten Nationen haben 1300 Männer ausgebildet, die mit Gift gegen die Heuschrecken vorgehen können, und die Bauern haben ihr letztes Geld für Sprühgeräte zusammengelegt. Nurandin hat dennoch wenig Hoffnung:

»Wir brauchen mehr Männer und mehr Chemikalien, damit wir das Land retten können«, sagt er.

Paul Dillon

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