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Klimawandel Regenwald in Gefahr

Abholzungen und Brandrodungen bedrohen den weltgrößten Regenwald im brasilianischen Amazonas-Gebiet. Alle zwei Tage fällt ein Gebiet von der Größe Hessens den Flammen und Sägen zum Opfer. Für das Klima der Erde kann das dramatische Folgen haben.

Der weltgrößte Regenwald im brasilianischen Amazonas-Gebiet ist ein Segen für das Klima der Erde. In gigantischem Ausmaß speichert er das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Zusätzlich sind die Bäume entscheidend für die Kühlung der Atmosphäre und bremsen damit die Erderwärmung. Der Wald belegt eine Fläche von über vier Millionen Quadratkilometern, das entspricht mehr als elf Mal dem Staatsgebiet Deutschlands. Dieses wertvolle Ökosystem kommt jedoch zunehmend unter Druck: Abholzungen und Brandrodungen bedrohen das Gebiet.

In den 80er Jahren befürchteten Wissenschaftler das Schlimmste. Manche sagten voraus, der Regenwald werde bis zum Ende des Jahrhunderts verschwunden sein. So weit kam es nicht. Der weltweite Einsatz engagierter Umweltschützer half ein wenig, vor allem aber die Entwicklung der brasilianischen Wirtschaft selbst. Das Land stürzte unter der Führung einer Militärdiktatur in eine drastische Schuldenkrise, die das Wirtschaftswachstum zum Erliegen brachte. "Sonst wäre heute alles weg", sagt Philip Fearnside, ein US-Forscher am staatlichen brasilianischen Amazonas-Institut.

Doch die Forscher sehen keinen Grund zur Entwarnung. Alle zwei Tage fällt ein Waldgebiet von der Fläche Hessens - rund 20.000 Quadratkilometer - Abholzungen und Brandrodungen zum Opfer. Tendenz steigend, denn die brasilianische Wirtschaft boomt. Die Rohstoffpreise sind weltweit zuletzt stark angestiegen, damit wird es zunehmend attraktiver, Wälder zu roden, um Rinderfarmen aufzubauen oder Soja-Bohnen, Zuckerrohr und Mais anzubauen. Zum Teil ist dafür auch die globale Nachfrage nach Rohstoffen zur Produktion von Biodiesel verantwortlich. "Das Investitionsvolumen der vergangenen 500 Jahre entspricht dem, was für die nächsten zehn Jahren vorhergesehen ist", erklärt Joao Meirelles, Direktor des Peabriu-Forschungsinstituts. Private und staatliche Investitionen sollen demnach über 34 Milliarden Euro betragen. Straßen werden zur Erschließung weiterer Regionen gebaut und neben der Land- und Holzwirtschaft werden neue Minen - Eisenerz, Gold und andere Minerale - sowie riesige Staudämme in dem Gebiet geplant. Umweltgruppen schlagen Alarm. "Die Bedeutung des Amazonas für das Weltklima sollte nicht unterschätzt werden", erklärte die Umweltorganisation WWF anlässlich der auf Bali stattfindenden Weltklimakonferenz in einer Studie.

"Das ist momentan unsere Feuertaufe"

Die Auswirkungen der anhaltenden Abholzungen und Brandrodungen könnten demnach zu einer noch schnelleren Klimaerwärmung führen. Wenn die Zerstörung so weitergehe, werden bis 2030 etwa 55 Prozent des Regenwalds verschwunden sein, hieß es in der WWF-Studie. Es ist ein Konflikt zwischen der aufstrebenden Wirtschaft eines Schwellenlandes mit 184 Millionen Einwohnern und der weltweiten Sorge um den Amazonas als Klimareserve. "Das ist momentan unsere Feuertaufe", räumt die brasilianische Umweltministerin Marina Silva ein. "Wir mobilisieren alle Ressourcen", um den Amazonas zu verteidigen, sagt die Ministerin.

Brasilien versucht dem Verschwinden des Regenwaldes mit einem Bündel an Maßnahmen zu begegnen. Landbesitzer werden zum Beispiel gesetzlich gezwungen, 80 Prozent ihres Landes bewaldet zu lassen. 1991 war nur etwas mehr als ein Zehntel des Amazonas Schutzgebiet, heute sind es bereits 40 Prozent. Doch die etwa 20 Millionen Bewohner des Amazonas-Beckens scheren sich nur bedingt um die Vorschriften der Regierung. Etwa 90 Prozent aller Abholzungen in dem Gebiet sind illegal. Ein Gebiet so gigantischen Ausmaßes zu kontrollieren ist schwierig. Silva verweist jedoch auf die Erfolge der Umweltbehörde Ibama in den vergangenen drei Jahren. Demnach wurden Strafen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro ausgesprochen und 665 Menschen seien wegen Umweltverbrechen festgenommen worden - 120 davon waren Mitarbeiter der Ibama, die der Korruption verdächtigt wurden.

Der Regenwald bedeckt mehr als 60 Prozent der Fläche Brasiliens. Mit seinen 1100 Nebenflüssen stellt der Amazonas auch eine der weltgrößten Süßwasserreserven dar. Etwa ein Drittel der gesamten Pflanzen- und Tierarten der Welt sind dort beheimatet, viele sind vermutlich noch unentdeckt. Besonders gefährlich für den Regenwald sind die Brandrodungen. Sie bedrohen einerseits die Funktion des Waldes als passiver CO2-Speicher, zum anderen wird bei der Verbrennung selbst massiv CO2 in die Atmosphäre abgeben. Schätzungen von Umweltgruppen gehen davon aus, dass bis zu zwanzig Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen auf das Konto von Brandrodungen gehen. Kritiker werfen der brasilianischen Regierung vor, keinen schlüssigen Gesamtplan für Schutz und Entwicklung des Amazonas zu haben. Charles Roland Clement, ein Forscher des staatlichen Amazonas-Instituts, fordert daher eine nachhaltige wirtschaftliche Erschließung des Regenwalds. "Wir haben den größten Regenwald der Welt und er soll angeblich das grüne Gold der Zukunft sein", sagt Clement.

Michael Astor/AP

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