Bedrohliche Lage Brienz: Felsbrocken rollen auf Schweizer Bergdorf zu – jetzt müssen die Bewohner gehen

Bedrohliche Lage: Brienz: Felsbrocken rollen auf Schweizer Bergdorf zu – jetzt müssen die Bewohner gehen
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Der kleine Ort Brienz im Kanton Graubünden im Osten der Schweiz ist idyllisch gelegen. Normalerweise können hier die etwas über 80 Einwohner die gute Luft und die Ruhe genießen. Doch damit ist es erst einmal vorbei. Denn große Felsbrocken rollen auf das Bergdorf zu. Noch ist unklar, was sie anrichten werden. Die Lage ist so bedrohlich, dass die lokalen Behörden die Evakuierung des Ortes angeordnet haben. Bis Freitag müssen alle Bewohner raus sein aus Brienz, das etwa 25 Kilometer Luftlinie von Davos liegt. Denn die Bedrohung durch die Felsen ist zuletzt akut geworden. Die Gesteinsmassen oberhalb des Dorfes sollen sich mehr als doppelt so schnell bewegt haben wie noch vor wenigen Wochen: Christian Gartmann, Sprecher der Gemeinde: "Die gesamte Region bewegt sich mit einem oder ein bisschen mehr oder weniger Metern pro Jahr. Aber seit 15.000 Jahren schon, als die Gletscher sich zurückzogen. Was wir im Moment sehen, ist ein Paket von etwa zwei Millionen Kubikmeter Fels, das sich sehr schnell bewegt und instabil wurde. Das ist deshalb eine Gefahr für das Dorf." Die Bewohner von Brienz wissen schon sehr lange, von der Gefahr aus den Bergen. Dass es jetzt zur Evakuierung kommt, ist für viele dennoch nur schwer zu ertragen znd mit vielen Mühen verbunden. Die Menschen hier müssen damit rechnen, mehrere Wochen oder gar Monate nicht in ihre eigenen Häuser oder Wohnungen zurückkehren zu können. "Die Entscheidung, das Dorf jetzt zu evakuieren, war nicht ein totaler Schock für sie. Aber der Moment, wo dann der Bürgermeister kommt und sagt, ihr müsst aus eurem Zuhause, ihr müsst weg und ihr wisst nicht genau, wie lange, der ist natürlich schon ein Schock. Und das ist eine sehr schwere Belastung für die Menschen. Ich bin wirklich begeistert, mit welcher Ruhe und mit welcher Konsequenz sie jetzt dieses Schicksal annehmen und sich bis Freitagabend aus diesem Dorf wegbewegen werden." Ob und wie viel Felsmasse Brienz treffen könnte, ist unklar. Die Menschen können nur hoffen, dass die Kirche und ihre Häuser noch stehen, wenn sie wiederkommen dürfen.
Oberhalb des Schweizer Bergdorfs Brienz rutschen zwei Millionen Kubikmeter Fels mit wachsender Geschwindigkeit den Hang hinab. Für die Einwohner wird es jetzt zu gefährlich, sie müssen gehen.

Riesige Felsmassen bedrohen das Bergdorf Brienz in der Schweiz. Die Lage hat sich derart zugespitzt, dass die gut 80 Einwohner noch diese Woche umsiedeln müssen. Am Dienstagabend informierten die Lokalbehörden die Bewohnerinnen und Bewohner über die Einzelheiten. Bis Freitag 18.00 Uhr muss das Dorf in Graubünden geräumt sein. Es liegt rund 25 Kilometer Luftlinie südwestlich von Davos auf etwa 1100 Metern Höhe und ist nicht zu verwechseln mit dem bekannteren Brienz unweit von Interlaken am Brienzersee.

Oberhalb des Dorfes seien bis zu zwei Millionen Kubikmeter Felsmaterial in Bewegung, berichtete der Leiter des Frühwarndienstes, Stefan Schneider. Die Gesteinsmassen bewegen sich nach den Messungen mehr als doppelt so schnell wie noch vor wenigen Wochen. Die SRF-Nachrichten zeigten am Abend ein eindrucksvolles Zeitraffervideo, in dem die Bewegung der riesigen Felsmassen zu sehen war.

Schweiz: Felsmassen bedrohen Bergdorf

Die Region ist seit Jahrhunderten in Bewegung. Das Dorf selbst rutscht seit 20 Jahren mit rund einem Meter pro Jahr Richtung Tal. Dass der Felsbereich namens "Insel" oberhalb des Dorfes gefährlich ist, war seit Jahren bekannt. Die Einwohner wussten schon lange, dass eine Räumung droht. Dass die Entscheidung jetzt fiel, habe auch mit der Wetterprognose zu tun, sagte Simon Löw, emeritierter Professor für Ingenieurgeologie an der Universität ETH Zürich, im Schweizer Fernsehen. Bis Sonntag seien jeden Tag Niederschläge vorhergesagt, das könne die Rutschgeschwindigkeit noch erhöhen.

Unklar ist, ob Schutt und Geröll das Dorf treffen. Das sei zwar unwahrscheinlich, sagte Löw. "Aber im extremsten Fall (...) kann es einen Bergsturz geben. Das ist etwas, wobei mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 200 Kilometern in der Stunde der Hang herab donnert, in 30 Sekunden im Dorf ist und das Dorf zerstört."

Der Klimawandel macht Felsstürze in manchen Gegenden wahrscheinlicher, etwa dort, wo Permafrost auftaut, Schutt und Geröll Halt verlieren oder Wasser in Felsspalten eindringt und der Druck Felsstücke absprengt. In Brienz spielt dies nach Angaben von Löw aber keine Rolle. Es gebe keinen auftauenden Permafrost und es sei kein Zusammenhang zwischen den jährlichen Niederschlägen und der Fließgeschwindigkeit des Geländes festgestellt worden.

DPA · Reuters
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