Tausende Ägypter sind am Freitag auf die Straße gegangen, um den Rücktritt des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi zu fordern. Ihre Proteste waren ein Vorgeschmack auf die für Sonntag geplanten Großkundgebungen der Opposition. In der Hafenstadt Alexandria gab es dabei Straßenkämpfe mit Anhängern der regierenden Islamisten. Dabei kamen ein Ägypter und ein US-Bürger ums Leben, Dutzende Menschen wurden verletzt. Bei dem Amerikaner soll es sich um einen 21-jährigen Fotoreporter handeln. Der US-Sender CNN berichtet zudem von gewaltsamen Zusammenstößen in Mursis Heimatstadt Zagazig und in Mansura und meldet insgesamt vier Todesopfer.
Lokale Medien berichten von weiteren Zusammenstößen zwischen Anhängern der beiden Lager in den nördlichen Provinzen Al-Dakahilija und Al-Gharbija. Dort sollen insgesamt 35 Menschen verletzt worden sein.
Mursi, der 2012 bei der ersten freien Präsidentschaftswahl mit knapper Mehrheit gewählt worden war, ist seit einem Jahr im Amt. Eine Protestbewegung will am Sonntag, dem Jahrestag seiner Vereidigung, mehr als 20 Millionen Unterschriften von Bürgern übergeben, die seine Absetzung und Neuwahlen fordern.
Auch Tausende Regierungstreue auf den Straßen
Die oppositionellen Demonstranten waren jedoch nicht die einzigen, die trotz des heißen Wetters mit Plakaten um die Unterstützung der Bürger warben. Tausende von Anhängern der islamistischen Parteien hielten im Kairoer Vorort Nasr-City eine Kundgebung unter dem Motto "Die Legitimität ist die rote Linie" ab.
Vor der Rabea al-Adawija Moschee in Kairo sammelten sich am Abend etwa 20.000 Menschen. Mehrere Redner warfen der Protestbewegung vor, sie werde "aus dem Ausland unterstützt, von Staaten, die nichts Gutes für Ägypten wollen". Sie betonten, Mursi werde nicht vor Ende seiner vierjährigen Amtszeit zurücktreten. Auch auf dem Tahrir-Platz, wo sich die Gegner der Islamisten sammelte, wurde es am Abend voll.
"Menschenrechtslage im ersten Amtsjahr verschlechtert"
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Vereinigung Reporter ohne Grenzen stellen Mursi ein schlechtes Zeugnis aus. "In einigen Bereichen hat sich die Menschenrechtslage im ersten Amtsjahr von Mohammed Mursi sogar verschlechtert", hieß es von Amnesty. Folter und Misshandlung von Festgenommenen seien weiter an der Tagesordnung. Die Schuldigen gingen straffrei aus.
Die Journalistenvereinigung sprach von einem "verloren Jahr für die Pressefreiheit in Ägypten". Die neue Verfassung schütze Journalisten nicht ausreichend vor Diffamierung und Angriffen. Mursi und seine Anhänger heizten selbst die Stimmung gegen Medienschaffende aktiv an.
Unterdessen wurde bekannt, dass die Regierung Zwangsmaßnahmen gegen regierungskritische Fernsehsender ergriffen hat. Gegen den Besitzer des Senders CBC, Mohammed al-Amin, wurde wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung ein Reiseverbot verhängt.