Unterwegs mit jungen Kämpfern Krieg, Nietzsche und ein gesuchter Mann – stern-Reporter erhält ungewöhnliche Einblicke in das Leben der Taliban

stern-Reporter Jonas Breng besucht Taliban in Afghanistan
stern-Reporter Jonas Breng besucht Taliban in Afghanistan
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Sehen Sie im Video: Krieg, Nietzsche und ein gesuchter Mann – stern-Reporter trifft junge Taliban-Kämpfer.




stern-Auslandsreporter Jonas Breng besucht die Taliban in der afghanischen Provinz Lugar.


         Aufsager 1


Nach dem Beginn Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan im Mai 2021 hatten die militant-islamistischen Taliban das Land mit Gewalt erobert.


Aus Angst vor Rache und drakonischen Strafen ergriffen viele Afghanen, insbesondere Ortskräfte, Mitarbeiter und Unterstützer der demokratischen Regierung, Frauen und Mädchen die Flucht. Tausende Ausreiseberechtigte werden von anderen Staaten evakuiert.


Beim Besuch unseres Reporters wird deutlich, dass die Taliban darum bemüht sind, mit dem Klischee der ungebildeten und rohen Gotteskrieger zu brechen.


Unsere Interview-Partner werden von den Taliban ausgewählt. Omar Hilal ist Sicherheitschef der Taliban vor Ort. Im Interview mit dem stern spricht der Sohn eines Ingenieurs über seine Erfahrungen auf dem Schlachtfeld.


„Mein echter Name ist Noorullah, aber ich bin unter den Taliban als Omar Hilal bekannt. Ich stamme aus der Lugar-Provinz. Ich war Anführer einer militärischen Gruppe des Islamischen Emirates Afghanistan und hatte einige Taliban, die unter meinem Kommando gekämpft haben. Ich kann die Zahl meiner Schlachten nicht genau bestimmen, aber wir waren für zehn Jahre, durchgehend, an Konflikten mit fremden Truppen und ihren Unterstützern beteiligt. Ich habe in unzähligen Schlachten gekämpft – mehr als 50 in einem Zeitraum von zwei Jahren. Während dieser Zeit haben wir viele Kämpfer verloren – manche, die mir sehr nahestanden.“


Unser Reporter und die Taliban-Kämpfer besuchen Orte, an denen vor wenigen Monaten noch gekämpft wurde. Auf einem Smartphone zeigen die Männer ein Video der Kampfhandlungen.


Aziz Rehman ist Sohn eines Geistlichen und einer Lehrerin. Der 24-Jährige war als Guerilla-Kämpfer gegen ausländische Truppen in Lugar im Einsatz. Auch er berichtet von seinen Kampferfahrungen.


„Der Verlust jedes Mitstreiters oder Freundes in der Schlacht zerreißt einem das Herz. Ich habe Freunde verloren und die Erinnerung an sie schmerzt noch immer, aber wir haben für eine noble Sache gekämpft. Das lindert den Schmerz.“


Unser Reporter besucht gemeinsam mit den Taliban ein Restaurant. Beim gemeinsamen Essen wird unter anderem über Fußball und Reiseziele gesprochen. Die Männer schildern, wie sie unter falschem Namen Taliban-Propaganda auf Twitter verbreiten. Ebenfalls anwesend: Ein Cousin von Aziz Rehman, ein Mitglied einer Spezialeinheit. Er stand auf der Märtyrer-Liste und hätte sich und andere, wenn der Konflikt mit den USA im Land noch länger gedauert hätte, wahrscheinlich bei einem Selbstmordanschlag getötet.


Taliban, die bei einem solchen Anschlag ums Leben kommen gelten als Märtyrer. Der amtierende Innenminister der Taliban-Regierung und vom FBI als führender Terrorist gesuchte, Sirajuddin Hakkani, bezeichnet Selbstmordattentäter in einer Rede im Oktober 2021 als "Helden des Islam und des Landes". Hinterbliebene von Attentätern wird eine Prämie von 100 US-Dollar gezahlt.


Jetzt wolle er Journalist werden, weil der nächste Krieg der Krieg um die öffentliche Meinung sei.


Beim nächtlichen Besuch eines Checkpoints trifft unser Reporter den von den USA gesuchten Qari Janan Hemat. Die anwesenden Taliban erklären, dass der Mann als erbitterter Kämpfer gelte. Außerdem habe er zwei Drohnenangriffe überlebt und werden von anderen Kämpfern respektiert.


Die Checkpoints in der Region sollen Anschläge des IS verhindern. Wichtige Zufahrtstraßen werden je nach Sicherheitslage kontrolliert oder abgeriegelt.


Unser Reporter und sein Team werden von den Taliban zu einer Übernachtung eingeladen. Die Fotografin der Gruppe, eine Amerikanerin, übernachtet in einem Nebenzimmer. Nach dem Besuch schildert unser Reporter, dass die um Gastfreundschaft bemühten Taliban sich offenbar von ihrer besten Seite zeigen wollten.


         Aufsager 2


Unserem Reporter wird am nächsten Tag mitgeteilt, dass sich die Anwesenheit seines Teams in der Stadt rumspreche. Das erhöhe die Gefahr für die Journalisten – und auch die Taliban. Der Besuch der Region wird vorzeitig abgebrochen.


         Aufsager 3
stern-Reporter Jonas Breng trifft auf Taliban in der afghanischen Lugar-Provinz südlich von Kabul. Im Gespräch mit jungen Kämpfern erhält er ungewöhnliche Einblicke in deren Denken und Leben – und trifft an einem Checkpoint auf einen gesuchten Mann.

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