Unmittelbar vor dem Treffen des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Athen signalisiert, dass es kein Geld von Moskau erwarte. Griechenland wolle seine Finanzprobleme ohne russisches Geld mit seinen Euro-Partnern lösen, sagte ein griechischer Regierungsvertreter. "Wir haben nicht um Finanzhilfe nachgesucht." Mehrere europäische Politiker warnten die Regierung in Athen aber davor, sich Russland zu stark zuzuwenden.
"Ich halte das für nicht sehr klug, was hier passiert", sagte etwa Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling in Wien. Dass bilaterale Gespräche in Moskau stattfänden, sei völlig normal. "Aber vor einer Annäherung würde ich dringend warnen. Das würde einen Alleingang Griechenlands (...) im Bereich der Europäischen Union darstellen", warnte Schelling.
Moskau-Besuch "ein Testfall"
Ähnlich äußerten sich auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), und der CDU-Europapolitiker Elmar Brok. Die Regierung in Athen verlange und erhalte von der EU viel Solidarität, sagte Schulz dem "Münchner Merkur". "Dann können wir umgekehrt auch Solidarität verlangen - und dass diese Solidarität nicht durch Ausscheren aus gemeinsamen Maßnahmen einseitig aufgekündigt wird." Daran sollte sich Tsipras' Handeln in Moskau orientieren. "Die EU erwartet das von ihm als Regierungschef eines EU-Mitgliedsstaats."
Der CDU-Europaabgeordnete Brok nannte den Moskau-Besuch von Tsipras im Deutschlandfunk "einen Testfall". In der griechischen Regierung gebe es Kräfte, die das Land politisch aus dem Westen herauslösen wollten und die Nähe zu Russland suchten, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament. "Es muss klar sein für Griechenland, dass Russland nicht die Perspektive ist."
"Ich plädiere für gelassene Beharrlichkeit"
Zurückhaltender äußerte sich der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler. "Ich plädiere für gelassene Beharrlichkeit", sagte der SPD-Politiker in der ARD. Wichtig sei, dass Griechenland nicht aus der gemeinsamen Haltung der Europäer bei den Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt ausschere. In den Gesprächen von Tsipras mit Putin werde es "bestimmt nicht um die Lösung des Hauptproblems" Griechenlands gehen, also die aktuellen Schulden- und Zahlungsprobleme.
Griechenland leidet unter akuten Finanznöten und versucht bislang erfolglos, seine Euro-Partner mit Reformversprechungen zur Freigabe von weiteren Hilfsgeldern zu bewegen. In Moskau könnte es auch um eine Senkung der Gaspreise für Griechenland und Ausnahmen bei den russischen Gegensanktionen für EU-Agrarprodukte im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise gehen.