Anschlag in Gaza Kinder von Abbas-Vertrauten ermordet

Die Unruhen zwischen den Palästinensergruppen Fatah und Hamas nehmen zu: Unbekannte haben die Kinder eines Vertrauten von Präsident Mahmud Abbas ermordet - vermutlich, weil sie den Vater, ein Offizier, nicht erwischen konnten.

Attentäter haben im palästinensischen Gazastreifen drei kleine Söhne des hochrangigen Verbündeten von Präsident Mahmud Abbas, Oberst Baha Baluscha, erschossen. Sie griffen das Fahrzeug an, mit dem die Kinder im Alter von sechs bis neun Jahren zur Schule gebracht wurden. Nach Polizeiangaben wurden bei dem Anschlag auch ein 25-jähriger Passant getötet und zwei weitere Kinder verletzt.

Angriff vor zahlreichen Kindern

Der Angriff ereignete sich vor den Toren der Schule und unter den Augen zahlreicher Kinder, die gerade zum Unterricht kamen. Angehörige einer Polizeieinheit der regierenden Hamas nahmen Augenzeugen zufolge die Verfolgung der Attentäter auf. Das Fahrzeug, mit dem die Kinder zu der Schule gebracht worden waren, war nach dem Attentat von Schüssen durchsiebt, die Sitze blutüberströmt. "Die Bewaffneten waren maskiert und flohen in einem gelben Auto, nachdem sie viele Schüsse auf das Fahrzeug abgegeben hatten", sagte einer der Grundschüler, der zum Augenzeuge des Anschlags wurde. "Die Kinder schrien und weinten vor Angst."

Der Vater der getöteten Kinder ist ein hochrangiger Offizier eines Geheimdienstes, der loyal zu Abbas ist. Baluscha nahm später persönlich am Trauerzug für seine Söhne teil. Dabei stand er unter massivem Personenschutz. Angehörige trugen die drei Kinder in weiße Tücher gehüllt durch die Straßen von Gaza. Rund 2000 Menschen schlossen sich an. Einige Trauernde stürmten mit automatischen Waffen das Parlamentsgebäude und gaben Augenzeugen zufolge Schüsse ab.

Baluscha war bereits im September Ziel eines Anschlag

Baluscha war bereits im September Ziel eines Anschlags, als Extremisten eine ganze Serie von Attentaten gegen führende Offiziere begingen, die loyal zu Abbas sind. Ein hochrangiger Geheimdienst-Mitarbeiter im Westjordanland sagte, die Attentäter hätten sich offenbar bewusst die Kinder Baluschas als Ziel ausgesucht, weil sie an den Offizier selbst nicht herangekommen seien. "Die Mörder wussten, dass Baha nicht in dem Auto saß, weil er nie selbst seine Kinder zur Schule gebracht hat. Sie haben es nicht geschafft, ihn zu töten, also töteten sie stattdessen seine Kinder", sagte er. Es war unklar, wer hinter dem Anschlag steckte. Seit dem Scheitern der Gespräche über eine gemeinsame Regierung haben sich die Spannungen zwischen der gemäßigten Fatah unter Abbas und der regierenden radikal-islamischen Hamas-Bewegung wieder massiv verschärft.

Hamas-Regierungschef Ismail Hanija verurteilte die Tat als abscheuliches Verbrechen. Er habe das Innenministerium aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Täter zu fassen und vor Gericht zu stellen, sagte er bei seiner Ankunft im Sudan. Der Ministerpräsident ist auf einer mehrwöchigen Auslandsreise. Innenminister Said Sejam war jüngst selbst unverletzt einem Anschlag entkommen, den er dem Machtkampf zwischen Hamas und Fatah zuschrieb. Sein Ministerium erklärte, das Attentat sei "das Ergebnis aufhetzerischer Erklärungen gegen die Regierung". Hanija hat Abbas zuletzt vorgeworfen, seine Regierung stürzen zu wollen.

Nach zehnjähriger Regierungszeit hatte die Fatah die Wahlen im Januar deutlich gegen die Hamas verloren. Die Spannungen zwischen den beiden Gruppen haben sich seither wiederholt in Gewalt entladen

Abbas plant Neuwahlen

Abbas plant Angaben seiner Berater zufolge, die Krise in den Palästinenser-Gebieten mit vorgezogenen Wahlen zu beenden. Monatelange Gespräche zwischen der Fatah und der Hamas über die Bildung einer gemeinsamen Regierung sind gescheitert. Abbas wollte damit ein Ende der internationalen Sanktionen gegen die Palästinenser-Regierung erreichen. Die Europäische Union (EU), die Vereinten Nationen (UN), Israel und die USA verweigern eine Zusammenarbeit mit der Hamas, weil sie Israel nicht anerkennt und nicht auf Gewalt verzichten will.