Der australische Regierungschef Anthony Albanese hat vier Tage nach dem verheerenden Anschlag auf ein jüdisches Fest in Sydney Versäumnisse im Kampf gegen Antisemitismus eingeräumt. "Jeder in dieser Position würde bedauern, nicht mehr getan zu haben", sagte Albanese vor dem Parlament in Canberra. Nun müsse man in die Zukunft schauen und handeln.
Er stellte ein hartes Durchgreifen in Aussicht, um "das Übel des Antisemitismus aus unserer Gesellschaft zu verbannen", sagte er am Donnerstag. "Die Australier sind schockiert und wütend. Ich bin wütend. Es ist klar, dass wir mehr tun müssen, um diese schlimme Plage zu bekämpfen", sagte er gegenüber Reportern.
Konkret kündigte Albanese schärfere Gesetze gegen Hassprediger und Hetze verschiedenster Art an. Australien werde ein System entwickeln, um Organisationen aufzulisten, deren Anführer Hassreden verbreiteten, sagte Albanese. Auch was das Aufenthaltsrecht angehe, werde man härter gegen all jene vorgehen, die "Hass und Spaltung" verbreiten, sagte der Premierminister.
Attentat von Sydney erschüttert Australien
Am Sonntag hatten zwei Angreifer – Vater und Sohn – am weltberühmten Bondi Beach auf Teilnehmer einer Feier zum jüdischen Lichterfest Chanukka gefeuert und 15 Menschen getötet. Unter den Opfern waren ein zehnjähriges Kind und ein Holocaust-Überlebender. Dutzende Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer.
Die australischen Behörden stuften die Tat als antisemitischen Angriff ein. Albanese sagte, die Angreifer seien offenbar von der Ideologie der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) angetrieben worden.
Derweil versammelten sich Trauernde zur Beerdigung eines zehnjährigen Mädchens – des jüngsten Opfers des Anschlags. "Matilda ist unser kleiner Sonnenschein", sagte der Rabbiner, der die Trauerfeier leitete.
Die Familie des Mädchens hatte die Ukraine vor der russischen Invasion verlassen, um nach Australien zu ziehen. "Ich hätte es mir nie vorstellen können, dass ich meine Tochter hier verlieren würde", sagte die Mutter zu Reportern vor der Beerdigung. "Es ist einfach ein Albtraum."
Harsche Kritik an Albanese
Innerhalb der jüdischen Gemeinde in Australien, seitens der Opposition und auch aus dem Ausland gab es teils scharfe Kritik an Albanese. So wurde ihm vorgeworfen, im Zuge des zunehmenden Antisemitismus im Land nicht genug für den Schutz von Juden getan zu haben.
Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beschuldigte Albanese, mit seiner Nahostpolitik "Öl ins antisemitische Feuer" gegossen zu haben. Im September hatte Australien Palästina formell als Staat anerkannt – so wie die weitaus meisten der 193 UN-Mitgliedstaaten.