US-Präsident Barack Obama hat zum Auftakt seines China-Besuchs vor ausgewählten Studenten für Menschenrechte geworben. Der in der Volksrepublik gängigen Internet-Zensur erteilte der Friedensnobelpreisträger eine klare Absage. Er sei für die freie Nutzung des Internets, sagte Obama bei seinem Auftritt am Montag vor einer handverlesenen Menge in Shanghai. "Je offener wir sind, umso mehr können wir kommunizieren und das lässt die Welt zusammenrücken." Meinungsfreiheit, Zugang zu Informationen und politische Partizipation seien universelle Rechte. "Sie sollten allen Menschen zur Verfügung stehen, einschließlich ethnischen und religiösen Minderheiten." In den USA sei die Tatsache, dass es unbehinderten Zugang zum Internet gebe, eine "Quelle der Kraft. Und ich denke, das sollte ermutigt werden."
Insgesamt vermied Obama jedoch einen zu kritischen Ton. So nannte er sensible Themen, wie den Tibet-Konflikt, nicht beim Namen. Vielmehr versuchte er, die im Vorfeld seiner Reise hochgekochten Differenzen in der Wirtschafts- und Währungspolitik zu besänftigen. "Wir wollen Chinas Aufstieg nicht im Zaum halten", beteuerte der Präsident. "Im Gegenteil, wir begrüßen China als ein starkes und wohlhabendes und erfolgreiches Mitglied der Gemeinschaft von Nationen." Obama würdigte zugleich die Handelsbeziehungen zwischen beiden Staaten. Dadurch könnten mehr Arbeitsplätze und Wohlstand entstehen. Sie müssten aber ausgeglichener sein. Die Volksrepublik verkauft viel mehr Produkte in die USA als sie von dort importiert. Außerdem ist China der größte Gläubiger der Vereinigten Staaten.
Zensoren greifen durch
Die zuständigen Behörden hatten Obamas Auftritt bis ins Detail vorbereitet. Die Veranstaltung wirkte, als hielte sie sich an ein vorgeschriebenes Drehbuch. Zwar stellte sich der Präsident auch Fragen der Studenten. Eine echte Debatte entwickelte sich dadurch aber nicht. Die Studenten spendeten höflich Applaus und lachten, als Obama versuchte, chinesisch zu sprechen.
Landesweite Sendeanstalten zeigten die Rede nicht. Lediglich einige Nachrichtenkanäle in Shanghai übertrugen den Auftritt, sowie internationale Medien und vereinzelte Websites. Doch selbst dort griffen die Behörden schnell ein. So konnten Obamas Kommentare auf der chinesischen Website NetEase.com gerade einmal 27 Minuten gelesen werden, bevor die Zensoren sie löschten, wie das Portal China Digital Times, das chinesische Internet-Inhalte dokumentiert, berichtete. Der Zugang zu populären Websites wie Facebook oder Twitter, wo die Rede sofort weltweit kritisch diskutiert wurde, ist in China ohnehin seit Monaten gesperrt.
Höhepunkt von Obamas Reise wird das Treffen mit Präsident Hu Jintao am Dienstag in Peking sein. Dann stehen umstrittene Themen wie die Handels- und Währungspolitik, der Umgang mit den Atomprogrammen Nordkoreas und des Iran sowie der künftige Kurs in der Umweltpolitik auf der Tagesordnung. Am Wochenende konnten sich die beiden Wirtschaftsmächte beim Gipfel des asiatischen-pazifischen Wirtschaftsforums in Singapur Verhandlungskreisen zufolge in wichtigen Fragen wie der von den USA geforderten größeren Freigabe des Yuan-Kurses nicht einigen.