Mit einer bewegenden Zeremonie sind am Ground Zero in New York die Bergungs- und Aufräumarbeiten offiziell beendet worden. Gemeinsam mit tausenden Angehörigen der Opfer erwies der Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani, der die Stadt in ihren schwersten Stunden geführt hatte, den Opfern der Terroranschläge vom 11. September die letzte Ehre.
262 Tage nach dem Einsturz
Bei der Kundgebung, 262 Tage nach dem Einsturz der Zwillingstürme, war bewusst auf Ansprachen verzichtet worden. Sie begann mit dem Läuten der kleinen Glocke der Feuerwache neben dem World-Trade- Center-Gelände. Damit wurde an die 343 Feuerwehrmänner erinnert, die bei der Evakuierung der Türme geholfen hatten und die Gebäude nicht mehr rechtzeitig verlassen konnten. Über eine Rampe brachten Feuerwehrmänner, Polizisten und Bauarbeiter unter Trommelklängen die letzte Totenbahre aus der Grube nach oben und luden sie in einen Rettungswagen.
1700 unidentifizierte Opfer
Die Bahre war mit der US-Nationalflagge bedeckt, darunter jedoch leer - als symbolische Verneigung vor den hunderten Toten, die nicht aus den Trümmermassen geborgen werden konnten. Mehr als 1700 der nach offiziellen Angaben 2823 Todesopfer konnten bisher nicht identifiziert werden, weil ihre Körper verbrannten oder in insgesamt nahezu 2 Millionen Tonnen an Trümmern zerrieben wurden. Die Bemühungen von Gerichtsmedizinern um die Zuordnung tausender Leichenteile, die am Ground Zero gefunden worden waren, sollen jedoch in den nächsten Monaten noch weitergehen.
Läutende Kirchenglocken
Während die Bahre am Spalier hunderter salutierender Angehöriger der Feuerwehr und der Polizei vorbeigetragen wurde, läuteten in New York um 10.29 Uhr Ortszeit (16.29 Uhr MESZ) viele Kirchenglocken - genau zu der Zeit war am 11. September der zweite der beiden Wolkenkratzer eingestürzt. Eine Hubschrauberstaffel der Polizei überflog das Areal. Der Bahre folgte ein Schwerlastzug mit dem letzten Stahlträger des WTC. Die elf Meter hohe und 56 Tonnen schwere I-Trägersäule war das letzte noch aufrecht stehende Teil des WTC-Fundaments. Sie war am Dienstagabend von Bauarbeitern mit Schneidbrennern gefällt worden.
»America the Beautiful«
Viele Angehörige hatten noch einmal Bilder der Getöteten mit zum Ground Zero gebracht. »Wir werden niemals vergessen«, war auf einem großen Spruchband am Begrenzungszaun zur mehrere Stockwerke tiefen Grube des Ground Zero zu lesen. Die traditionelle Dudelsackpfeifer-Kompanie der Feuerwehr spielt »America the Beautiful«, als Feuerwehrleute grüßend die Grube verließen und hinter dem Rettungswagen sowie dem Stahlträger von dem Gelände abrückten. Mit starkem Beifall bekundeten Tausende Dank für ihren Einsatz.
Wiederaufbau hat begonnen
Noch vor dem Ende der Bergungsarbeiten, die Monate früher als anfangs vermutet abgeschlossen werden konnten, hatte auf dem 65 000 Quadratmeter großen Areal des World Trade Centers der Wiederaufbau begonnen. Bereits im April wurden die ersten Verschalungen für das Fundament einer neuen großen U-Bahnstation angebracht. Sie soll im Dezember 2003 eingeweiht werden. Schon im November sollen Subway- Linien am Rande der einstigen WTC-Türme wieder in Betrieb genommen werden.
Erste Vorarbeiten begannen auch bereits für die Errichtung eines bis zu 60 Stockwerke hohen Neubaus an der Stelle des zerstörten Seitengebäudes Word Trade Center Nr. 7. Die unmittelbare Fläche der beiden WTC-Türme soll nach dem Willen der meisten Verbände von Angehörigen nicht wieder bebaut, sondern als Denkmal gestaltet werden. Entscheidungen über eine Vielzahl von eingereichten Bebauungsplänen sollen jedoch erst in den nächsten Monaten getroffen werden. Keiner der Pläne sieht die Errichtung von Wolkenkratzern vor, die auch nur annähernd die Höhe der alten Türme von 411 Metern erreichen würden.