Die belgische Regierung ist zwei Monate vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft endgültig zerbrochen: König Albert II. akzeptierte am Montagabend den Rücktritt von Ministerpräsident Yves Leterme. Vermutlich Anfang Juni wird es eine vorgezogene Wahl geben.
Die Eskalation der Lage begann am Donnerstag, als die flämischen Liberalen die vom Christdemokraten Leterme angeführte Fünf-Parteien-Koalition verließen. Grund ist ein Streit mit den französischsprachigen Parteien über das Wahlrecht in Brüssel und seinen Nachbargemeinden.
König Albert beauftragte die Regierung, die Amtsgeschäfte bis zur Wahl fortzuführen. Leterme bot schon am Donnerstag seinen Rücktritt an - zum fünften Mal seit seinem Wahlsieg im Sommer 2007. Der König hatte den glücklosen Regierungschef zunächst aber mit Sondierungsgesprächen für eine neue Regierung beauftragt. Am Montag wurde dann deutlich, dass der Streit zwischen niederländischsprachigen Flamen und frankophonen Wallonen, den beiden größten Bevölkerungsgruppen Belgiens, zu erbittert für einen raschen Ausweg ist.
"Wir wollten eine Verhandlungslösung, aber dazu fehlte der politische Wille", sagte der Vorsitzende der flämischen Liberalen (Open VLD), Alexander De Croo. Vertreter beider Seiten hatten sich am vergangenen Mittwoch nicht auf eine Lösung für den einzigen zweisprachigen Wahlkreis des Landes einigen können, der die Hauptstadt Brüssel und mehrere Umlandgemeinden umfasst. Open VLD erklärte weitere Verhandlungen über den seit Jahren umstrittenen Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde daraufhin für zwecklos und beschlossen den Auszug aus der Regierung.
Belgien übernimmt am 1. Juli für sechs Monate die rotierende EU-Ratspräsidentschaft. Gemeinsam mit dem ständigen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, der ehemaliger belgischer Ministerpräsident ist, sollte Leterme dem Land in den nächsten sechs Monaten eigentlich zu internationalem Glanz verhelfen.
Leterme hatte das Amt erst im November von seinem Parteifreund Van Rompuy übernommen, als dieser Ratspräsident der Europäischen Union wurde. Vor Van Rompuy war er allerdings schon einmal Ministerpräsident, trat jedoch im Dezember 2008 wegen eines Justizskandals zurück. Wegen der schwierigen Verhandlungen mit den französischsprachigen Parteien hatte er davor schon mehrfach seinen Rücktritt angeboten.
Die belgische Regierung bestand aus den flämischen Christdemokraten (CD&V), der frankophonen Schwesterpartei CDH, den flämischen Liberalen (Open VLD) und deren französischsprachigem Pend Mouvement Réformateur (MR) sowie den frankophonen Sozialisten.