Schuldenobergrenze Zinsen in Billionenhöhe oder Zahlungsunfähigkeit: USA stecken in ihrer Dauerzwickmühle fest

Schlagloch USA Schulden
Riesige Schlaglöcher wie hier im Osten New Yorks sind wegen des allgegenwärtigen Geldmangels keine Seltenheit.
© Imago Images
Sollten die USA nicht die Schuldenobergrenze erhöhen, ist das Land im Juni zahlungsunfähig, sagt Finanzministerin Janet Yellen. Die Folgen wären weltweit zu spüren, aber mehr Schulden sind eigentlich auch keine Alternative.

Es gibt zwei Grenzen, die die USA in schöner Regelmäßigkeit überschreiten – mit Anlauf und Juchei: diejenige, die die Staatsausgaben reglementiert und dann das Limit für die Verschuldung. Das Reißen des Haushaltbudgets hat in den vergangenen Jahren schon öfter zum sogenannten Regierungs-Shutdown geführt. In dessen Folge dürfen die Vereinigten Staaten kein Geld ausgeben, und schicken etwa Beamte in den Zwangsurlaub. Zuletzt war das vor vier Jahren unter dem damaligen US-Präsident Donald Trump der Fall. In vier Wochen droht die nächste Grenzverletzung, eine, deren Auswirkungen auch außerhalb der USA zu spüren sein werden.

USA droht Zahlungsausfall

Nach den Worten von US-Finanzministerin Janet Yellen droht der größten Volkswirtschaft der Welt bald die Zahlungsunfähigkeit. Sollte der Kongress, also die beiden Parlamente die Schuldenobergrenze nicht in den kommenden Wochen erhöhen oder aussetzen, werde die Regierung "Anfang Juni, möglicherweise schon am 1. Juni" nicht mehr in der Lage sein, all ihre Verpflichtungen einzuhalten, schrieb sie an den republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy.

Eigentlich hatten die USA bereits Mitte Januar die Schuldenobergrenze in Höhe von 31,38 Billionen Dollar (umgerechnet rund 28,6 Billionen Euro) geknackt, doch durch eine Reihe von "außergewöhnlichen Maßnahmen" (Yellen) konnte die Regierung seither die Zahlungsunfähigkeit noch abwenden. Damit die Amerikaner weiterhin ihre Schulden bedienen können sollen die Parlamentarier die Obergrenze nach Willen der Regierung um umgerechnet 1,37 Billionen Euro erhöhen.

Seit 1917, also mehr als 100 Jahren, legen das Abgeordnetenhaus und der Senat die Schuldengrenze fest und das im Schnitt mehrmals pro Jahr. So wurde das Limit seit dem Zweiten Weltkrieg bereits 102 Mal angehoben. Wenig überraschend, weil die Schulden stetig steigen: Seit Anfang der 2000er haben sie sich mehr als vervierfacht. Sowohl unter demokratischen Präsidenten wie aktuell Joe Biden oder republikanischen wie Donald Trump.

850 Milliarden Dollar Zinsen für drei Monate

Der Preis für die Liquidität ist hoch: Im letzten Quartal 2022 musste die Vereinigten Staaten allein 850 Milliarden Dollar an Zinsen zahlen. Das entspricht fast dem Doppelten des deutschen Gesamthaushalts. Mittlerweile liegt die Gesamtverschuldung laut Washington auf dem Niveau des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach der international üblichen Berechnung aber hat der Schuldenberg bereits 122 Prozent des BIP erreicht. Das entspricht ungefähr den Verbindlichkeiten, die Italien und Griechenland zu Zeiten Eurokrise hatten.

Um zahlungsfähig zu bleiben, müssten sich die beiden Parlamentskammern relativ bald auf einen Kompromiss einigen. Das aber gestaltet sich aufgrund der Mehrheitsverhältnisse schwierig: So haben die konservativen Republikaner im Abgeordnetenhaus einen hauchdünnen Vorsprung vor den regierenden Demokraten, im Senat ist es umgekehrt. Oppositionsführer Kevin McCarthy hatte zuletzt einen 320-seitigen Gesetzesentwurf vorgelegt, an dessen Erfüllung er seine Zustimmung zur Erhöhung der Schuldengrenze knüpfte.

Biden findet: Schuld sind die Vorgänger

Dieser sieht eine harte Ausgabenbremse vor sowie eine Budgetkürzung um rund 130 Milliarden Dollar. Gespart werden soll unter anderem an Bidens "Inflation Reduction Act", einem Investitionspaket für Klimaschutz und erneuerbare Energien. Auch die Idee, Akademikern die Rückzahlung ihrer teilweise hohen Studienkredite zu erlassen, ist den Republikanern ein Dorn im Auge. Allerdings steht zu dem Thema ohnehin noch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs an. Der US-Präsident lehnt solche Einschnitte ab und beharrt darauf, dass die Anhebung des Schuldendeckels ohne Bedingungen erfolgen müsse, da die Verschuldung von früheren Regierungen zu verantworten sei.

Sicher ist, dass die Zeit drängt. Sollten die USA nicht mehr in der Lage sein, ihren Verpflichtungen nachzukommen, könnten das laut Wirtschaftsexperten gravierende Folgen haben. Für das Land selbst, das internationale Finanzsystem und die Weltwirtschaft. Zuletzt sprach die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, in diesen Zusammenhang von einer "großen, großen Katastrophe". Der US-Volkswirt der Commerzbank, Bernd Weidensteiner sagte: "Ein Zahlungsausfall der USA hätte unabsehbare Folgen und würde die Märkte erschüttern. Dies aber wird der Kongress trotz aller politischen Differenzen kaum riskieren wollen."

Quellen: DPA, AFP, Statista, NZZ.ch, Bundesfinanzministerium, Finanzmarktwelt, "Wiener Zeitung"

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