Bonmots von Berlusconi "Der Duft der Unantastbarkeit"

Berlusconis Entgleisung bei seinem Debüt als EU-Ratsvorsitzender hat quer über alle Partei- und Ländergrenzen hinweg Entrüstung ausgelöst. Und sie war bei weitem nicht seine erste.

Der italienische Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hat im Europaparlament einen Eklat ausgelöst, als er dem sozialdemokratischen Fraktionsvize Martin Schulz vorschlug, in einem Film über Konzentrationslager den "Kapo" zu spielen. Berlusconi verwendete in seiner Rede das Wort "capo", das im Italienischen "Chef" oder "Anführer" bedeutet. Mit der Betonung auf der zweiten Silbe, so wie es Berlusconi aussprach, wird daraus jedoch auch im Italienischen das Wort "Kapo".

Ableitung vom französischen Begriff "caporal"

Als "Kapos" wurden in den Konzentrationslagern der Nazis Häftlinge bezeichnet, die die SS zu Aufsehern über ihre Mitgefangenen bestimmte. Das Wort ist abgeleitet vom französischen Begriff "caporal", der so viel wie Unteroffizier bedeutet.

Meist waren Kapos Gefangene, die ein Arbeitskommando leiteten. Als solche hatten sie weit reichende Befugnisse bis zur Tötung von Mithäftlingen. So soll etwa vorgekommen sein, dass Kapos morgens von der SS die Anweisung bekamen, am Abend mit einer kleineren Arbeitsgruppe zurückzukommen und eine bestimmte Anzahl von Häftlingen im Laufe des Tages zu töten.

Zum Teil grausamer als die SS

Nicht selten waren Kapos Kriminelle, die die Aufgabe hatten, für Ruhe und Ordnung im Lager zu sorgen. Sie wurden von ihren Mithäftlingen meist verachtet. Es gab Kapos, die von den KZ-Gefangenen als grausamer empfunden wurden als die SS selbst.

Schon vor dem Wechsel der EU-Ratspräsidentschaft sah sich Silvio Berlusconi deutlicher Kritik der internationalen Presse ausgesetzt. Nach dem Eklat im Europaparlament steht Berlusconi auch innenpolitisch unter Beschuss. Selbst sein Koalitionspartner, der stellvertretende Ministerpräsident Gianfranco Fini, distanzierte sich von den KZ-Äußerungen des Regierungschefs. Nach einem Treffen mit der EU-Kommission in Rom verteidigte er zur Überraschung aller seine verbale Entgleisung. Eine Entschuldigung schloss er kategorisch aus. Und viele Italiener sind schlicht fassungslos. Doch diese Entgleisung Berlusconis ist nicht seine erste:

Juni 2003

"Alle Bürger sind gleich (vor dem Gesetz), aber vielleicht ist dieser hier etwas gleicher als die anderen, wenn man bedenkt, dass 50 Prozent der Italiener ihm die Verantwortung gegeben haben, das Land zu regieren", sagte Ministerpräsident Berlusconi über sich vor Gericht in Mailand, wo gegen ihn wegen Korruption verhandelt wurde.

Mit Blick auf die Franzosen und ihre Kritik an seiner Entscheidung, während einer Israel-Reise keine palästinensischen Politiker zu treffen, sagte Berlusconi: "Sie haben eine gute Gelegenheit verpasst, die Klappe zu halten."

Mai 2003

In der "New York Times" äußerte sich Berlusconi über die Nachteile seines Amtes: "Ich habe ein Segelboot, aber in zwei Jahren war ich nur einmal darauf, um meine Familie nach Hause zu bringen. Und seit zwei oder drei Jahren war ich nicht mehr in meinem Haus auf den Bermudas. Genauso ist es mit meinem Haus in Portofino. (...) Mein Leben hat sich verändert. Die Qualität ist schrecklich geworden. Was für ein brutaler Job."

Dezember 2002

"Der Stärkste kann sicherlich einen Zweitjob finden, vielleicht auch inoffiziell", sagte Berlusconi und ermutigte entlassene Fiat-Beschäftigte zur Schwarzarbeit.

Oktober 2002

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem dänischen Kollegen Anders Fogh Rasmussen sagte Berlusconi: "Rasmussen ist nicht nur ein großer Kollege, er ist auch der am besten aussehende Ministerpräsident in Europa. Es sieht so gut aus, dass ich sogar überlege, ihn meiner Frau vorzustellen", fügte Berlusconi hinzu.

Februar 2002

Während der Aufnahme eines Gruppenfotos bei einem inoffiziellen EU-Gipfeltreffen in Spanien spreizte Berlusconi hinter dem Kopf des spanischen Außenministers Josep Pique zwei Finger in der südeuropäischen Geste für einen gehörnten Ehemann.

September 2001

Zwei Wochen nach den dem Moslem-Extremisten Osama bin Laden zugeschriebenen Anschlägen am 11. September in den USA sagte Berlusconi vor Journalisten in Berlin: "Wir sollten uns der Überlegenheit unserer Zivilisation bewusst sein, die aus einem Wertesystem besteht, das den Menschen in den Ländern, die es annehmen, weit verbreiteten Wohlstand beschert hat, und das den Respekt vor Menschenrechten und Religion garantiert. Dieser Respekt existiert sicherlich nicht in den islamischen Ländern."

Vor der Wahl 2001

"Es tut mir Leid, dass ich gesagt habe, die Kommunisten fräßen kleine Kinder. Aber wenn Sie wollen, kann ich eine Konferenz organisieren, auf der ich beweisen werde, dass die Kommunisten tatsächlich kleine Kinder gefressen und sogar schlimmere Dinge getan haben."

In einer Talk-Show beugte sich Berlusconi zu seinem Gastgeber und forderte ihn auf, an seinem Parfum zu schnuppern. "Was denken Sie, wonach das riecht", fragte der Ministerpräsident und gab sich gleich selbst die Antwort: "Es ist der Duft der Unantastbarkeit."

DPA

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