In der brasilianischen Hauptstadt Brasília haben Anhängerinnen und Anhänger des früheren ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro am Sonntagnachmittag (Ortszeit) den Nationalkongress, Sitz der beiden Parlamentskammern, gestürmt.
Parlament in Brasilien gestürmt
Fernsehbilder von CNN Brasil zeigten Hunderte Menschen im Umfeld und innerhalb des Gebäudekomplexes, in dessen unmittelbarer Umgebung auch der Präsidentenpalast liegt. Auch dieser sowie das Oberste Gericht seien angegriffen worden, so Nachrichtenagenturen am Sonntagabend (MEZ). Die Eindringlinge richteten den Bildern zufolge schwere Verwüstungen im Nationalkongress an. Die augenscheinlich zunächst zahlenmäßig unterlegene Polizei setzte nach Berichten eines Fotografen der Nachrichtenagentur DPA Tränengas ein, konnte die Angreifenden aber nicht aufhalten.
"Ich verurteile diese antidemokratischen Handlungen, die dringend mit der Härte des Gesetzes geahndet werden müssen", schrieb Senatspräsident Rodrigo Pacheco auf Twitter. "Ich habe mit dem Gouverneur des Bundesdistrikts, Ibaneis Rocha, telefoniert, mit dem ich in ständigem Kontakt stehe. Der Gouverneur teilte mir mit, dass der gesamte Polizeiapparat sich darauf konzentriert, die Situation unter Kontrolle zu bringen."
Auch die Chefin der regierenden Arbeiterpartei (PT) äußerte sich und erhob schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen in der Hauptstadt Brasília. "Die Regierung des Bundesbezirks war unverantwortlich angesichts der Invasion in Brasíliaund im Nationalkongress", schrieb Gleisi Hoffmann am Sonntag auf Twitter. "Das war ein angekündigtes Verbrechen gegen die Demokratie, gegen den Willen der Wähler und für andere Interessen. Der Gouverneur und sein Sicherheitsminister, ein Anhänger von Bolsonaro, sind für alles verantwortlich, was passiert."

Sehen Sie im Video: Bilder der Zerstörung in Brasilia – Polizei versammelt sich vor Camp der Bolsonaro-Anhänger.
Sicherheitschef von Brasília nach Sturm auf Kongress entlassen
Der Sicherheitschef der Hauptstadt Brasília, Anderson Torres, wurde umgehend entlassen. "Ich habe die Entlassung des Sicherheitsministers des Bundesdistrikts beschlossen und gleichzeitig alle Sicherheitskräfte auf die Straße geschickt, um die Verantwortlichen festzunehmen und zu bestrafen", schrieb der Gouverneur des Bundesbezirks, Ibaneis Rocha, auf Twitter. "Ich bin in Brasília, um die Demonstrationen zu beobachten und alle Maßnahmen zu ergreifen, um die antidemokratischen Ausschreitungen im Regierungsviertel einzudämmen." Der entlassene Torres gilt als Anhänger von Bolsonaro, dem er zuvor als Justizminister diente.
Der erst zum Jahreswechsel ins Amt gekommene linke Bolsonaro-Nachfolger Luiz Inácio Lula da Silva hält sich Berichten zufolge in São Paulo auf. Das Bolsonaro-Lager hatte in der Vergangenheit mehrfach den Wahlsieg des neuen Präsidenten Anfang Oktober infrage gestellt – ohne jedoch Beweise vorzulegen. Sie riefen die Streitkräfte des Landes wiederholt zu einem Militärputsch auf.
Hinwies der Redaktion: Dieser Artikel wurde fortlaufend aktualisiert.
Quellen: CNN Brasil, Rodrigo Pacheco bei Twitter, Nachrichtenagenturen DPA und AFP